Warum ist die Russland-Bindung in Luhansk und Donezk so viel größer als im Rest der Ukraine? Und warum kam es zur Abspaltung? Ein Blick in die Geschichte gibt Aufschluss.
Wo liegt der Donbass?
Der Donbass, auch Donezkbecken bezeichnet, ist eine Region im Südosten der Ukraine und grenzt an Russland. Dort liegen auch die Regionen Donezk und Luhansk. Nach offiziellen Angaben von 2016 lebten in Donezk 4,2 Millionen Menschen, in Luhansk 2,2 Millionen. Wie viele dort aktuell noch leben ist schwer zu erfassen - was vor allem am seit 2014 schwelenden Krieg liegt. Teile der Bevölkerung sind geflohen. Inzwischen sollen in beiden Regionen insgesamt weniger als vier Millionen Menschen leben.
Generell ist der Donbass eine Region, in der mehrheitlich Russisch gesprochen wird - im Gegensatz zum Westen der Ukraine, wo das Ukrainische dominiert. Entsprechend eng ist traditionell das Verhältnis vieler Menschen in der Ostukraine zu Russland. Letzten offiziellen Angaben zufolge waren fast 40 Prozent der Bevölkerung in Luhansk und Donezk ethnische Russinnen und Russen.
Wie war die Situation im Donbass während der Sowjetunion?
Der Donbass galt mit seinen reichen Bodenschätzen schon in Zeiten des Russischen Reichs als wichtigster Motor der Industrialisierung, im Zuge dieser Entwicklung wanderten ab dem 19. Jahrhundert zahlreiche russische Arbeiter*innen in die Ostukraine ein. In der Sowjetzeit war die Region das industrielle Herz der Ukraine. Donezk war Zentrum der Kohleindustrie, in Luhansk war der Lokomotivbau von großer Bedeutung.
Die Kohleminen waren die wichtigste Einnahmequelle der Region. Die Arbeit dort war hart, sicherte den Menschen aber für sowjetische Verhältnisse gut bezahlte, sichere Jobs. Lange galt der Westen der Ukraine im Vergleich zu den Donbass-Provinzen als deutlich ärmer.
Präsident Putin hat am Montagabend die von Separatisten kontrollierten Gebiete der ostukrainischen Provinzen Donezk und Luhanks als unabhängig anerkannt. Daraufhin setzten sich Truppen in Bewegung.
Wie ging es nach der Unabhängigkeit der Ukraine weiter?
In den 1990ern wurden im Zuge der Umwälzungen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion viele Kohleminen geschlossen, Kumpel im Donbass verloren reihenweise ihre Arbeit. Daraus entwickelte sich eine negative Einstellung zur Regierung in Kiew: Viele Menschen im Osten der Ukraine machten den westlich geprägten Teil des Landes für die Schließungen verantwortlich.
Anfang der 1990er kam es immer wieder zu Streiks. Die Berg- und Industriearbeiter*innen im eher konservativen Osten der Ukraine fordern mehr als nur höhere Löhne: Sie riefen nach regionaler Autonomie und appellierten: "Weg mit Regierung und Parlament." Dabei ging es ihnen nicht primär um eine demokratische Erneuerung.
Dies alles spielte sich auch vor dem Hintergrund zunehmender ethnischer Spannungen in der Ukraine ab: 1993 verbrannten Rechtsradikale in Kiew russische Bücher, und im westukrainischen Lwiw sprengten sie eine Versammlung der Gesellschaft für russische Sprache. Die Klagen der russischen Minderheit im Land nahmen im Zuge der ukrainischen Unabhängigkeit zu.
- Geschichtsstunde mit Wladimir Putin
In einer Rede voller Verdrehungen, Auslassungen und Revisionismus zeichnet Wladimir Putin die Ukraine als Aggressor. Sein Ziel: Die Geschichte in seinem Sinne umdeuten.
Warum kam es 2014 im Donbass zur Separatisten-Bewegung?
Die Euromaidan-Bewegung, die gegen Korruption und für mehr Demokratie und Westbindung auf die Straße ging, traf im russisch geprägten Osten der Ukraine bei vielen Menschen auf wenig Unterstützung. Zur zentralen Figur wurde der aus Donezk stammende, ehemalige Ministerpräsident Viktor Janukowitsch. Nach seinem Amtsantritt 2002 lenkte er beträchtliche finanzielle Mittel in seine ostukrainische Heimat.
So wurden die Arbeiter*innen ruhiggestellt, mussten etwa nicht mehr monatelang auf ihre Löhne warten. Entsprechend groß war seine Unterstützung im Donbass. Janukowitschs vom Volk erzwungene Absetzung 2014 wurde in der Ostukraine daher weniger euphorisch aufgenommen als im Rest des Landes.
Infolge der Demokratie-Bewegung setzten sich prorussische Separatisten dann gewaltsam gegen die neue Regierung in Kiew und eine stärkere Westbindung zur Wehr. Unterstützt von Russland besetzten sie im Kampf mit ukrainischen Soldaten die Regionen Luhansk und Donezk - und erklärten nach einem umstritten Referendum 2014 die “Volksrepublik Luhansk” und die “Volksrepublik Donezk” für unabhängig.
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Lesen Sie hier mehr zur Geschichte der Ukraine seit 2014.
Wie war die Situation in Luhansk und Donezk bis dato?
Seit Februar 2015 herrschte in den Regionen offiziell eine Waffenruhe - die seither aber regelmäßig gebrochen wurde. Seit acht Jahren schwelt der Krieg im Donbass, Millionen Menschen wurden zur Flucht gezwungen. Der Kreml unterstützt die selbsternannten “Volksrepubliken” unter anderem mit Waffen und Geld, gezahlt wird offiziell mit dem russischen Rubel.
Bewohner*innen der Region können in einem vereinfachten Verfahren zudem die russische Staatsbürgerschaft beantragen. Hundertausende russische Pässe wurden der Bevölkerung in diesem Zuge bereits ausgestellt.
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