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Tag 94 im Ukraine-Krieg : Selenskyj: Russland als Terrorstaat einstufen

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Selenskyj fordert eine Einstufung Russlands als Terrorstaat. Präsident Wladimir Putin wiederum warnt Deutschland vor weiteren Waffenlieferungen. Die Entwicklungen an Tag 94.

Wir fassen für Sie im Folgenden die wichtigsten Entwicklungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine zusammen. Weitere News-Updates zur Lage und zu Reaktionen erhalten Sie jederzeit auch in unserem Liveblog zu Russlands Angriff auf die Ukraine.

Die Lage an Tag 94:

  • Die Ukraine wird Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge das von Russland in den vergangenen Jahren eingenommene Staatsgebiet nicht komplett mit Gewalt zurückholen können. "Ich glaube nicht, dass wir unser gesamtes Territorium mit militärischen Mitteln zurückgewinnen können", sagt er in einem Interview, das sein Büro in voller Länge ins Internet stellt. Bei einem solchen Vorgehen würden Hunderttausende Menschen getötet. Das Interview wurde zuerst am Freitag im niederländischen Fernsehen gesendet.
  • Selenskyj hat Russland weiter eine Politik des Terrors vorgeworfen. "Ich werde die Welt immer wieder daran erinnern, dass Russland endlich offiziell als Terrorstaat, als Förderer des Terrorismus, anerkanntwerden muss", sagte Selenskyj am Samstag in einer Videoansprache in Kiew. Dies spiegele die tägliche Realität wider, die Russland mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine geschaffen habe "und sehr viel weiter nach Europa tragen" wolle. "Und das muss rechtlich verankert werden."
  • Der russische Präsident Wladimir Putin hat Deutschland und Frankreich vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt. In einem Telefongespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Präsident Emmanuel Macron sagte der Kreml-Chef am Samstag nach russischen Angaben, weitere Waffenlieferungen seien "gefährlich". Dadurch bestehe das Risiko, dass sich in der Ukraine "die Situation weiter destabilisiert und die humanitäre Krise verschärft".
  • In dem 80-minütigen Telefonat signalisierte Putin laut russischen Angaben auch die Bereitschaft, über eine Öffnung der ukrainischen Häfen für den Export von Getreide zu sprechen.
  • Macron und Scholz wiederum forderten laut Elysee-Palast die Freilassung der rund 2.500 gefangen genommenen ukrainischen Kämpfer aus dem Azovstal-Werk in Maripol.
  • Wolodymyr Selenskyj hat die Lage im umkämpften Donbass angesichts russischer Angriffe als sehr schwierig bezeichnet. Moskau setze dort ein Maximum an Artillerie und Reserven ein, sagte Selenskyj am Freitag in seiner abendlichen Videoansprache. Es gebe Raketen- und Luftangriffe.
  • Moskau verkündete am Samstag die Eroberung der Ortschaft Lyman, die zuvor schon von pro-russischen Rebellen vermeldet worden war. Die Ukraine bestätigte diese Angaben zunächst nicht. Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Lage im Donbass als "sehr, sehr schwierig"
  • Die russische Marine hat am Samstag einen weiteren Test der Hyperschallrakete Zircon durchgeführt. Es handelte sich vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs um eine Demonstration der Fähigkeit des russischen Militärs, Ziele in großer Entfernung zu treffen. Putin hat betont, das Waffensystem werde die Fähigkeiten des russischen Militärs signifikant steigern.
  • Laut ukrainischem Generalstab würden russischen Truppen zudem die Ortschaften Oserne und Dibrowa mit Granat- und Raketenwerfern beschießen. Beide Dörfer liegen südöstlich von Lyman. Das deutet darauf hin, dass die Front nun südlich der Stadt verläuft. Selenskyj gab sich indes kämpferisch:
Wenn die Okkupanten denken, dass Lyman und Sjewjerodonezk ihnen gehören werden, irren sie sich. Der Donbass wird ukrainisch sein.
Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident
  • Dem früheren ukrainischen Präsident Petro Poroschenko ist nach eigenen Angaben die Ausreise für einen Besuch in Litauen verweigert worden. Trotz einer offiziellen Reisegenehmigung sei ihm der Grenzübertritt verweigert worden, teilte sein Pressedienst am Samstag mit.

Die Situation in den ukrainischen Städten:

  • Die Ukraine hat Russland für den Tod von fünf Zivilisten in dem von Regierungstruppen kontrollierten Teil der Region Donezk im Osten des Landes verantwortlich gemacht. Die ukrainische Armee sprach von heftigen Angriffen per Artillerie, Panzer, Mörser und aus der Luft auf zivile Infrastruktur und friedliche Wohngebiete. Das ukrainische Militär habe dem Angreifer dort Verluste beigebracht, darunter 60 getötete Kämpfer und fünf zerstörte Panzer, teilte die Armee mit. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
  • Auch die strategisch wichtigen Städte Sewerodonezk und Lyssytschansk werden von der russischen Armee belagert. Die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitierte einen pro-russischen Polizeivertreter, wonach Sewerodonezk "nun umzingelt" sei. Diese Angaben wiesen ukrainische Vertreter zurück. "Sewerodonezk ist nicht abgeschnitten", erklärte der von Kiew ernannte Gouverneur von Luhansk, Serhij Gajdaj. Zwar sei die russische Armee in Vororte der Stadt eingedrungen, aber dabei habe sie "schwere Verluste" erlitten.
  • Auch in anderen Landesteilen dauerten die Kämpfe am Samstag an. Wie die ukrainische Armee mitteilte, zogen die russischen Truppen unter anderem in der Region Cherson im Süden des Landes 30 Panzer und weitere gepanzerte Fahrzeuge sowie Raketenwerfer zusammen, auch Hubschrauber wurden demnach gesichtet.
  • Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti zitierte den von Russland eingesetzten stellvertretenden Verwaltungschef Kirill Stremoussow in der ukrainischen Region Cherson am Samstag damit, dass in von Russland dort gehaltenen Gebieten die Moskauer Zeit eingeführt worden sei.
  • Aus der wochenlang von russischen Truppen belagerten und schließlich eroberten südukrainischen Hafenstadt Mariupol meldeten die neuen prorussischen Behörden das Einlaufen eines ersten Frachtschiffes. Dies wurde von der ukrainischen Marine als "Manipulation" bezeichnet. Russland blockiere weiter die zivile Schifffahrt im Schwarzen und im Asowschen Meer.
Karte, Ukraine: Städte mit mehr als 400.000 Einwohner + Cherson (ca. 287.000)
Karte der Ukraine mit wichtigen Städten.
Quelle: ZDF

Reaktionen auf und Folgen des russischen Angriffs:

  • Der Politologe und Militärexperte Carlo Masala ist auf dem Katholikentag in Stuttgart der These entgegengetreten, die Nato habe Russland eingekreist und den Krieg dadurch mitverschuldet. Es gebe nur drei Nato-Staaten mit einer gemeinsamen Grenze zu Russland, nämlich die baltischen Staaten, sagte Masala am Samstag in einer Podiumsdiskussion. "Ich glaube, da kann man nicht von einkreisen sprechen."
  • Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, Manfred Weber, sieht durch den Krieg eine historische Chance für eine Neuausrichtung der Europäischen Union. "EU-Staaten könnten sich auch gemeinsame Flugzeugträger zulegen, um in der Selbstverteidigung oder den Krisengebieten der Welt einsatzfähig zu werden", sagte der CDU-Politiker dem "Spiegel" am Samstag. Die Europäer sollten zudem "nachdenken, wie man Frankreichs Nuklearstreitkräfte in einen Schutzschild für alle EU-Staaten verwandeln kann", so Weber.
  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) weist den Vorwurf zurück, Deutschland sei zu zurückhaltend bei der Ukraine-Hilfe. Er sagte der "Welt am Sonntag": "Während wir reden, werden gerade ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausgebildet." In Kürze werde Deutschland diese Waffen in die Ukraine liefern.
Es ist also keineswegs so, dass Deutschland nichts oder zu wenig liefert.
Robert Habeck, Wirtschaftsminister
  • Der Kremlkritiker Michail Chodorkowski drängt den Westen zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. "Wenn den Ukrainern die Waffen, die sie anfordern, nicht geliefert werden, wird es bald wieder zu Kämpfen um Kiew kommen", sagte der 58-Jährige der "Bild". Er denke, westliche Politiker hätten vor allem Angst vor dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Sie glauben, sich nicht in einem Krieg zu befinden. Deswegen glauben sie auch, dass die Lieferung bestimmter Waffen zu einer Eskalation führen oder sie zu einer Kriegspartei machen könnte."
  • Die europäische Polizeibehörde Europol ist besorgt über den Verbleib der Waffen, die aus der EU in die Ukraine gelieferten werden. "Irgendwann ist der Krieg vorbei. Wir wollen eine Situation verhindern wie vor 30 Jahren im Balkankrieg", sagte Europol-Direktorin Catherine De Bolle der "Welt am Sonntag". "Die Waffen aus diesem Krieg werden noch heute von kriminellen Gruppen genutzt."
  • Die deutschen Gasspeicher seien nicht genug gefüllt, kritisiert der Chef der Bundesnetzagentur im Deutschlandfunk. Und appelliert daran, auch das eigene Verhalten zu hinterfragen.
  • Die russisch-orthodoxe Kirche akzeptiert nach eigenen Angaben die völlige Unabhängigkeit ihres ukrainischen Zweiges. Der Außenamtschef des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, stimmte am Samstag in einer Videobotschaft der Entscheidung der eigenen ukrainisch-orthodoxen Kirche zu, ab sofort komplett eigenständig zu sein.
Archiv: Ukrainische Soldaten der 103. Separaten Brigade der Territorialverteidigung der Streitkräfte feuern ihre Waffen während einer Trainingsübung an einem unbekannten Ort in der Nähe von Lwiw in der Westukraine

Erfahrung aus Balkankriegen - Europol in Sorge um Waffen nach Kriegsende 

Die europäische Polizeibehörde Europol ist besorgt über den Verbleib von Waffen nach dem Ukraine-Krieg. Waffen aus den Balkankriegen würden noch heute von Kriminellen genutzt.

  • Wegen des Kriegs erklärte die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats ihre "völlige Selbstständigkeit und Unabhängigkeit" von Moskau. Man sei uneins mit der Position des Moskauer Patriarchen Kirill, teilte die Kirche in Kiew mit. Man verurteile den Krieg und appelliere an die Ukraine und Russland, den Verhandlungsprozess fortzusetzen. Kirill, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, steht fest hinter dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zuletzt war der innerkirchliche Druck in der Ukraine gestiegen, sich von Moskau loszusagen. Priester hatten gar ein Kirchentribunal gegen Kirill gefordert.
  • Die Ratingagentur S&P drückt ihre Bewertung für die Kreditwürdigkeit der Ukraine weiter nach unten. Die Bonitätsnote wurde wegen der Auswirkungen des Krieges von "B-/B" auf "CCC+/C" herabgestuft. "Erhebliche Schäden an der ukrainischen Wirtschaft und der Fähigkeit zur Steuererhebung haben die Abhängigkeit der Staatsschulden von internationaler finanzieller Unterstützung erhöht", erklärt die Agentur. S&P erwarte, dass das reale Bruttoinlandsprodukt der Ukraine um 40 Prozent schrumpfen werde, wenn der Konflikt bis zur zweiten Hälfte des Jahres 2022 andauere.

Das war an Tag 93 passiert:

Zwei russische Regionalabgeordnete fordern öffentlich den "sofortigen Rückzug der russischen Truppen". Laut UN wurden seit Kriegsbeginn 4.000 Zivilisten getötet. Die Lage an Tag 93:

Russische Soldaten gehen durch einen zerstörten Bereich des Iljitsch Eisen- und Stahlwerks Mariupol, Ukraine

Tag 93 im Ukraine-Krieg - Moskau: Abgeordnete wollen Ende der Offensive 

Zwei russische Regionalabgeordnete fordern den "sofortigen Rückzug der russischen Truppen". Laut UN wurden seit Kriegsbeginn 4.000 Zivilisten getötet. Die Lage am Freitag.

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  • Untertitel

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