37:40 min
Kommentar
Krieg und Krisen:Ein Jahr Ampel: Bitte einen Gang zulegen
von Bettina Schausten, ZDF-Chefredakteurin
07.12.2022 | 21:01
|
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP muss sich durchschlagen im ersten Jahr, um das Schlimmste zu verhindern. Ein Kommentar von ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten.
Im Honeymoon, mit Weichzeichner-Selfie und Ermöglichungsrhetorik ist diese Regierung gestartet. Jetzt, nach einem Jahr Ampel, ist der Befund eindeutig: Der Lack ist ab.
Wer in diesen Tagen für das erste Jahr Noten verteilt, und das tun die Koalitionäre gerne auch selbst, kommt über ein "befriedigend" nicht hinaus, wohlwollend betrachtet. Weniger wohlwollend landet man angesichts verunglückter Gasumlagen-Pläne und der Dauerzankerei zwischen Grünen und FDP noch darunter. Hartes Urteil. Oder falsche Ansprüche?
Weltanschauliche Maximaldistanz von grün und gelb
Noch jede Regierung hat im ersten Jahr der Legislatur in den Umfragen verloren, in aller Regel jedenfalls, weil Erwartungen meistens enttäuscht werden. Und dieses Dreierbündnis hätte wohl auch in normalen Zeiten an Glanz verloren - nicht zuletzt wegen der weltanschaulichen Maximaldistanz von grün und gelb.
Das krisenhafte erste Jahr lässt den Realitätscheck jetzt allerdings gnadenlos ausfallen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, Zeitenwende, Energiekrise. Und nun noch ein Umsturzversuch durch rechtsextreme Verfassungsfeinde. Wie zur Bestätigung: Die Ampel muss sich durchschlagen, um das Schlimmste zu verhindern, in jeder Hinsicht.
Ja, der Lack ist ab, Kratzer sind offensichtlich. Und man darf sogar fragen, wie lange die Karre noch fährt. Aber: Sie fährt. Und das ist eine gute Nachricht. Jetzt möchte man dem Mann am Steuer nur zurufen: Bitte einen Gang zulegen.
Themen
Mehr zum ersten Jahr der Ampel
Komplizierte Kanzlerschaft:Krise von Anfang an: Scholz ein Jahr im Amt
von Lars Bohnsack