Die Regierungschefs von Armenien und Aserbaidschan haben erstmals einen Vertrag zum Waffenstillstand in Bergkarabach unterzeichnet. In Armenien gibt es jedoch bereits Proteste.
Nach mehr als sechs Wochen schwerer Gefechte in Bergkarabach haben sich Armenien und Aserbaidschan auf ein Ende aller Kampfhandlungen verständigt.
Im Konflikt um die Südkaukasus-Region Bergkarabach haben sich der Regierungschef von Armenien und der Präsident von Aserbaidschan auf ein Ende aller Kampfhandlungen verständigt. In Armenien gibt es allerdings bereits spontane Proteste gegen die Vereinbarung.
Der armenische Premierminister Nikol Pashinyan erklärte, er habe am Dienstagmorgen nach mehr als einem Monat Blutvergießen einen Vertrag mit Aserbaidschan und Russland unterzeichnet, um den militärischen Konflikt um die Region damit zu beenden.
Bergkarabach: Putin vermittelte bei den Verhandlungen
Ein Kreml-Sprecher bestätigte die Nachricht, berichteten russische Nachrichtenagenturen. Die neue Waffenruhe kam unter Vermittlung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zustande.
Die Waffenruhe soll nach Angaben des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev von russischen und türkischen Friedenstruppen gemeinsam überwacht werden. Russland soll 1.960 Soldaten für die Zeit von fünf Jahren mit der Option einer Verlängerung um weitere fünf Jahre, einsetzen.
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Putin: Vereinbarung als Grundlage für langfristige Lösung
Zur Zahl der türkischen Soldaten machte Aliyev zunächst keine Angaben. Putin sagte, dass die Vereinbarung die Grundlage sei für eine langfristige Lösung des Karabach-Problems.
Demnach stimmten beide Seiten einem solchen bislang umstrittenen Vorschlag zu. Bisher gab es bereits drei Anläufe für eine Waffenruhe. Sie scheiterten allesamt. Es ist aber das erste Mal, dass die Staats- und Regierungschef eine solche Vereinbarung unterzeichneten.
Russland übernimmt Kontrolle über Transportverbindungen
Die Vereinbarung sieht demnach zudem einen Gefangenenaustausch vor. Beide Seite sollten die Überreste der getöteten Soldaten austauschen. Flüchtlinge sollen unter Aufsicht der Vereinten Nationen in ihre Heimat zurückkehren.
Russische Grenztruppen übernehmen die Kontrolle über die Transportverbindungen zwischen Karabach und Armenien. Aserbaidschan und Armenien hätten sich verpflichtet, ihre aktuellen Positionen einzufrieren, sagte Putin weiter.
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Kämpfe halten an - Zahl der Opfer steigt
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Armenien: Proteste gegen Vereinbarungen
In Armenien begannen spontane Proteste gegen die Vereinbarung. Regierungschef Nikol Paschinjan sprach von einem schmerzhaften Moment, dass er die Vereinbarung habe unterzeichnen müssen. Demonstranten beschimpften ihn als Verräter und stürmten und verwüsteten seinen Regierungssitz. Paschinjan schreibt bei Facebook:
Er habe sich aber nach reiflicher Überlegung und Analyse der Lage für eine Unterzeichnung entschieden, schrieb Paschinjan. Beobachter werteten das als Kapitulation.
Bergkarabach-Konflikt: 1.221 Todesopfer
Die Gefechte dauern bereits seit Ende September an. Die Zahl der Getöteten aufseiten Bergkarabachs war am Montag um 44 auf 1.221 gestiegen, wie die Behörden mitteilten. Baku macht wegen der Zensurbestimmungen während des Kriegszustands keine Angaben zu Verlusten bei den Streitkräften.
Aserbaidschan verlor in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren die Kontrolle über das bergige Gebiet mit etwa 145.000 Bewohnern. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe.
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