"Notlage": Wüst verteidigt 200 Milliarden neue Schulden
Interview
"Kein Schuldenverbot" :Wüst verteidigt 200 Milliarden neue Schulden
von Dominik Rzepka
02.10.2022 | 20:13
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Die Ampel will den Gaspreisdeckel mit Schulden finanzieren, die Union wettert gegen den "Schattenhaushalt". Doch NRW-Ministerpräsident Wüst will in diese Kritik nicht einstimmen.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat die Pläne der Ampel-Koalition zur Finanzierung des geplanten Gaspreisdeckels verteidigt. Anders als zum Beispiel Abgeordnete der CDU-Bundestagsfraktion will Wüst nicht kritisieren, dass der Bund bis zu 200 Milliarden Euro neue Schulden dafür aufnehmen will.
Zwar lege er Wert darauf, dass die sogenannte Schuldenbremse erhalten bleibe, sagt Wüst der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Aber:
Sie ist eben eine Schuldenbremse und kein komplettes Schuldenverbot. Man kann in einer Notlage auch den Staat am Laufen halten.
Hendrik Wüst, NRW-Ministerpräsident
Wüst: "Das gibt das Grundgesetz her"
Zwar könne niemand in Ordnung finden, dass der Staat immer mehr Schulden mache. Außerdem müssten Ausgaben an anderer Stelle reduziert werden. Wichtiger sei jetzt aber ein klares Signal an die Menschen zu weiteren Entlastungen, das gebe das Grundgesetz auch her. Beim geplanten Entlastungspaket würden Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen. Wüst sagt:
Wir brauchen in diesem Herbst und Winter einen Pakt der nationalen Einheit.
Hendrik Wüst, CDU
Die Ampel hatte am Donnerstag eine Gaspreisbremse angekündigt. Zur Finanzierung sollen Kredite von bis zu 200 Milliarden Euro in einen Fonds fließen, also nicht im eigentlichen Haushalt verbucht werden. Finanzminister Christian Lindner (FDP) argumentiert, damit werde die Schuldenbremse eingehalten. Teile der Opposition widersprechen und kritisieren einen "Schattenhaushalt".
Diesen Vorwurf hatte auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Interview mit dem ZDF heute journal zurückgewiesen.
Wüst fordert Details zur Gaspreisbremse
Wüst kritisierte allerdings, dass noch viele Fragen zu der geplanten Gaspreisbremse offen seien. Unklar sei zum Beispiel, ob die Gaspreisbremse nur etwa 80 Prozent des Vorjahresverbauchs betreffe. Er forderte die Ampel auf, diesbezüglich Klarheit zu schaffen sowohl für Privatverbraucher als auch Unternehmen. "Man sollte das nicht auf die lange Bank schieben".
Am Dienstag wollen Bund und Länder erneut über die hohen Energiepreise beraten. Zur sogenannten Ministerpräsidentenkonferenz müsste die Bundesregierung dann weitere Details erklären, so Wüst.
Am Tag nach dem 200 Milliarden Euro teuren "Doppelwumms" bleibt die Hauptfrage offen: Wer bekommt wann wie viel Geld? Das Konzert der Meinungen dazu ist vielstimmig.