Das Entlastungspaket gegen hohe Energiepreise sei "besser als befürchtet", sagt Energieökonomin Kemfert. Doch dies reiche nicht. Sie fordert ein Tempolimit und autofreie Sonntage.
Das Entlastungspaket, das die Ampel-Koalition angesichts der steigenden Energie- und Spritpreise geschnürt hat, bezeichnet die Energieökonomin Claudia Kemfert zwar als "besser als befürchtet", aber dennoch "nicht ausreichend". Besonders positiv bewertet sie den Plan, für eine begrenzte Zeit den ÖPNV billiger zu machen.
Kemfert: Belastungen für Geringverdiener höher
"Diese Energiepreispauschale ist im Grundkonzept gut, wirkt aber eher spät, wird dann ja auch noch mit der Einkommenssteuer verrechnet und schafft dann nicht genügend Entlastung", sagt Kemfert im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks.
Dass Sozialleistungen und Familiengeld erhöht werden, begrüßt Kemfert. Allerdings würden auch hier die Belastungen von Geringverdienern deutlich höher als die beschlossenen Entlastungen werden.
Kemfert für Tempolimit: "Das ist überfällig"
Auch "diese Spritpreisbremse", die laut Kemfert eher eine Senkung der Energiesteuer sei, sei teuer und ginge in die falsche Richtung, denn auch sie garantiere keine Senkung der Spritpreise. Aus Erfahrung wisse man, dass die Konzerne ihre Margen erhöhten und so Steuergelder in deren Taschen lande.
Gezielte Entlastungen von Geringverdienern beim Heizkostenzuschuss oder beim Mobilitätsgeld wären deutlich besser gewesen, so Kemfert.
[Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Claudia Kemfert beim Deutschlandfunk: "Ein Tempolimit ist überfällig"]
Expertin: Keine Importe mehr aus Russland
Den Angriff Russlands auf die Ukraine bezeichnet die Energie-Expertin als "Zeitenwende" - auch mit Blick auf die Versorgung mit Energie.
Einschnitte bei der Gas- und Ölversorgung aufgrund der Spannungen mit Russland bedeuten laut Kemfert nicht zwangsweise mehr Kohle und mehr CO2-Ausstoß. Der Klimaschutz müsse und sollte jetzt nicht zurückstehen, sagt die Expertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.
Gemeint sei, dass möglicherweise einige Kohlekraftwerke noch in die Reserve gegeben werden müssten, um Versorgungssicherheit an allen Stellen zu garantieren, erklärte sie. "Das heißt aber nicht, dass die Kohlekraftwerke jetzt automatisch mehr laufen müssen, wie manche ja auch vorschlagen. Das ist nicht sinnvoll."
- Unabhängiger werden von Öl und Gas - nur wie?
Öl, Gas und Kohle sind in Europa immer noch die wichtigsten Energieträger - auch importiert aus Russland. Wie groß die Abhängigkeit ist - und wie sie sich reduzieren lässt.
Erneuerbare Energien: "Booster starten"
Stattdessen sollten die Erneuerbaren Energien viel schneller ausgebaut werden, forderte sie.
Nötig sei, Flächen für die Windenergie auszuweisen, Genehmigungsverfahren zu erleichtern und die finanziellen Beteiligungsmöglichkeiten für die Kommunen zu verbessern. "Und da brauchen wir ganz viel Ambitionen und ganz viele Schritte, dass das sehr viel schneller gelingt", sagte die Energieökonomin.
Für den Klimaschutz sei die Kombination von einem Ausbau der Erneuerbaren Energien mit Energiesparen zentral. "Erneuerbare Energien sind Friedensenergie", betonte die Professorin.