Die Lohnkluft zwischen Frauen und Männern in Deutschland ist 2020 leicht gesunken. Sie ist aber noch immer eine der größten in Europa. Daran erinnert der heutige Equal Pay Day.
Die statistische Lohnlücke lag 2019 bei 19 Prozent. Im Jahr 2020 ist sie auf 18 Prozent gesunken, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag bekannt gab. Symbolisch markiert in diesem Jahr deshalb der 10. März diese Lohnlücke.
Bis zu diesem Tag, dem Equal Pay Day, arbeiten Frauen quasi umsonst. Die Ursache dafür ist der Gender Pay Gap, der den geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern beschreibt. Doch ganz so einfach ist das mit den Zahlen nicht.
Unbereinigter und bereinigter Gender Pay Gap
Das Statistische Bundesamt erhebt zweierlei Gehaltslücken. Die 18 Prozent, von denen zumeist die Rede ist, sind der unbereinigte Wert. Dieser vergleicht den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ohne die ursächlichen Faktoren zu berücksichtigen. Die Differenz ist deshalb so groß, weil zum Beispiel mehr Frauen als Männer in schlechter bezahlten Berufen und in Teilzeit arbeiten.
Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen liegt unverändert bei sechs Prozent. Im Vergleich zur unbereinigten Lohnlücke misst er den Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Berufserfahrungen.
EU-Vergleich: Deutschland hinkt bei Gender Pay Gap hinterher
Im europäischen Vergleich weist Deutschland einen der höchsten unbereinigten Gender Pay Gaps auf. Von insgesamt 34 Ländern landet die Bundesrepublik 2018 auf dem drittletzten Platz. Doch ein niedrigerer Gender Pay Gap bedeutet nicht zwangsläufig mehr Lohngleichheit in anderen Ländern. Vielmehr ist eine geringere Lücke oftmals darauf zurückzuführen, dass wesentlich weniger Frauen arbeiten als hierzulande.
Alice Schwarzer hat die Frauenbewegung seit den 1970er Jahren entscheidend mitgeprägt. Auch nach 50 Jahren ist für sie klar: Aufhören kommt noch lange nicht in Frage.
Dabei wäre es mit einfachen Regelungen möglich, den Lohnunterschied hier in Deutschland zu verringern:
Entgelttransparenzgesetz ohne Wirkung
Die Bundesregierung habe schon viel getan für mehr Lohngleichheit, verlautet aus dem Bundesministerium für Familie: den gesetzlichen Mindestlohn eingeführt, die Kinderbetreuung ausgebaut, das Elterngeld und die Familienpflegezeit gesetzlich geregelt.
Bereits 2017 wurde das Gesetz zu mehr Lohntransparenz implementiert, das einen Beitrag zur Verringerung der Entgeltunterschiede zwischen Frauen und Männern leisten sollte: durch den individuellen Auskunftsanspruch. Damit haben seither Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in größeren Betrieben das Recht zu erfragen, wie hoch das Gehalt vergleichbarer Kollegen ist.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sagte dem Handelsblatt, dass "der Auskunftsanspruch, den alle Beschäftigten haben", eher noch "zurückhaltend genutzt" werde. Laut Bundesregierung haben nur vier Prozent der Beschäftigten bisher eine solche Anfrage gestellt.
EU-Kommission bringt neuen Gesetzesentwurf auf den Weg
Nun startet die EU-Kommission mit einer Transparenzoffensive einen neuen Versuch, die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu überwinden. Damit sollen Arbeitgeber gezwungen werden, die Gehälter ihres Personals stärker offenzulegen als bisher. Für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein logischer Schritt:
Deshalb sollen Arbeitgeber zukünftig auch in Stellenanzeigen Angaben zum Lohnniveau machen. Außerdem sollen sie Bewerberinnen und Bewerber nicht danach fragen dürfen, was sie vorher verdienten. Der Gesetzesentwurf geht nun für weitere Debatten an das Europaparlament und die EU-Länder.
Erfolg bleibt abzuwarten
Doch ob ein weiteres Gesetz die bestehende Lohnlücke überwinden kann, ist fraglich. Aus Sicht von Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, sind hierfür andere Maßnahmen erforderlich.
- Gleichberechtigung in der Corona-Krise
Ungleiche Einkommen, Zunahme häuslicher Gewalt und Rückfall in alte Rollenmuster? Welche Auswirkungen Corona auf die Gleichberechtigung hat.