Der Ethikrat lehnt Sonderregeln für Geimpfte ab, weil mögliche Ansteckungen nicht ausgeschlossen werden können. Einen Lichtblick gibt es für Privat-Anbieter von Veranstaltungen.
- langfristig für die Privatwirtschaft und
- kurzfristig in stationären Einrichtungen für pflegebedürftige und behinderte Menschen.
Weiterverbreitung trotzdem nicht ausgeschlossen
Nach Ansicht des Ethikrats verbietet sich die Rücknahme staatlicher Freiheitsbeschränkungen gegenwärtig schon deshalb, weil bisher nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch Geimpfte das Virus noch weiterverbreiten.
Auch das Befolgen von Regelungen wie Maske zu tragen oder Abstand zu halten könne man Geimpften weiterhin zumuten, wenn das notwendig sei. Ratsmitglied Sigrid Graumann sagte, es sei beispielsweise in der U-Bahn "nicht zumutbar, dass jemand kontrolliert, wer einen Impfpass dabei hat und wer nicht". Wenn viele U-Bahn-Fahrer ohne Maske unterwegs wären, sei zu befürchten, dass auch die Bereitschaft der anderen Fahrgäste, sich an die Vorschrift zu halten, sinke.
Debatte um Begriff "Privilegien" für geimpfte Menschen
Auf die Frage, ob man von "Privilegien" für geimpfte Menschen sprechen solle, sagte die Vorsitzende des Ethikrates, Alena Buyx : "Ich würde mich freuen, wenn man den Begriff nicht mehr benutzen würde." Er sei unpräzise und sorge für eine unnötige Verschärfung der öffentlichen Debatte. Aber die Ethikerin betonte auch:
Spielraum für private Veranstaltungs-Anbieter?
Einen gewissen Entscheidungsspielraum bei einer Sonderbehandlung von Geimpften würde der Ethikrat privaten Anbietern von Veranstaltungen einräumen. Der Rat stellte fest, dass solche Veranstalter "grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung sind, mit wem sie einen Vertrag schließen". Das umfasse "prinzipiell auch die Möglichkeit, nach dem Impfstatus ihrer Gegenüber zu differenzieren" - dies würde also bedeuten, dass Geimpfte anders behandelt werden dürfen als nicht Geimpfte.
Aber auch hier sollen nach Vorstellung des Ethikrats Grenzen gelten: Einschränkungen der Vertragsfreiheit solcher Anbieter könnten dann gerechtfertigt sein, "wenn der Zugang zu ihren Angeboten für eine prinzipiell gleichberechtigte, basale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unerlässlich ist".
Sollte gesichert sein, dass sie nicht mehr ansteckend sind, sei denkbar, dass Geimpfte eher als andere Menschen wieder mehr Spielraum erhielten - allerdings nur, wenn dies nicht zu Ungerechtigkeiten führe, beispielsweise, weil noch nicht alle Menschen ein Impfangebot erhalten haben.
Ausnahmen für Heimbewohner
Eine Ausnahme macht der Ethikrat für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen, Behinderteneinrichtungen oder Hospiz-Patienten. Die dort geltenden Ausgangsverbote oder Besuchs- und Kontakteinschränkungen sollten für die in den Einrichtungen lebenden Menschen aufgehoben werden, sobald sie geimpft sind, so Graumann.
Isolationsmaßnahmen, die Depressionen und ein rasches Voranschreiten von Demenz begünstigen könnten, seien hier "nur zu rechtfertigen, solange die in solchen Einrichtungen Lebenden noch nicht geimpft sind". Hier gehe es nicht um Sonderrechte, sondern "um die Rücknahme von der Benachteiligung", betont Graumann.
In den Einrichtungen zum Schutz der Menschen, die nicht geimpft werden könnten oder nicht geimpft werden wollten, weiter alle Maßnahmen aufrechtzuerhalten, wäre nicht mehr angemessen. Die nicht geimpften Bewohner müssten dann mit anderen Maßnahmen wie Schnelltests, FFP2-Masken und Schutzkleidung für Pflegekräfte geschützt werden.
Keine Impfbevorzugung für Profisportler
Eine bevorzugte Impfung von Profisportlern, die an den Olympischen Spielen oder anderen internationalen Meisterschaften teilnehmen, ist aus Sicht der Ethik-Experten hingegen nicht vertretbar.
"Profisportler haben aus sich selbst heraus im Vergleich zu den Hochrisikogruppen deutlich geringere Risiken und setzen sich selbst auch nicht für andere Risiken aus. Deswegen würde ich sagen, dass Profisportler nicht unter diese Priorisierungsregeln fallen und man da nicht eine Art von Sonderausnahme machen sollte", betonte Buyx.