Mehr Migration an den EU-Außengrenzen: Dadurch könnte jeder Mitgliedsstaat mit komplexen Problemen konfrontiert sein, warnt die Kommission. Sie will rasche Reform-Beschlüsse.
Die EU-Kommission dringt ein Jahr nach Vorlage ihrer Pläne für eine großangelegte Reform des europäischen Asylsystems auf Beschlüsse. Die Herausforderungen an den EU-Außengrenzen offenbarten die Mängel des bestehenden Systems, heißt es in einem am Mittwoch in Brüssel vorgelegten Bericht zu Migration und Asyl.
Sich schnell ändernde Situationen könnten zu "erheblichem Druck" auf die Grenzen führen, jeder Mitgliedstaat könne dann mit komplexen Problemen konfrontiert sein.
Grenze zu Belarus bleibt Problem
Das Paradebeispiel sind die EU-Staaten an der Grenze zu Belarus: Litauen, Lettland und Polen, wo seit Monaten immer wieder Menschen aus Entwicklungsländern in die EU zu gelangen suchen, aber häufig abgefangen werden. Die Kommission spricht von "staatlich-gesponsertem Migranten-Schmuggel", Belarus habe vor allem Iraker ins Land gelockt und sie dann an die EU-Grenze geleitet.
Die EU-Kommission hat unter anderem mit Hilfe für die Unterbringung von Ankömmlingen in Litauen reagiert, zugleich half die Grenzschutzagentur Frontex dort bei der Stärkung des Grenzschutzes.
Weil immer mehr Geflüchtete illegal über Belarus in die EU kommen, will Polen einen Grenzzaun zum Nachbarland bauen. Viele Geflüchtete sitzen nun zwischen Polen und Belarus fest.
Um den Druck auf Belarus zu erhöhen, schlug die Kommission am Mittwoch außerdem vor, ein Visaabkommen für Amtsträger des belarussischen Regimes teils auszusetzen.
EU will Geschäftsfeld der Schmuggler brechen
Angesprochen auf das Leid von im Grenzgebiet gestrandeten Menschen und sogar Toten, sagte Vizekommissionschef Margaritis Schinas am Mittwoch einerseits, Europa werde immer Zufluchtsort für Flüchtlinge bleiben. Auf der anderen Seite müsse man das Geschäftsmodell der Schmuggler brechen.
Insgesamt zeichnet der Bericht ein durchwachsenes Bild. Die Gesamtzahl irregulärer Migranten auf dem Weg in die EU bleibe "beträchtlich unter dem Niveau vor der großen Flüchtlingsbewegung von 2015".
Jedoch hätten "die Ankünfte begonnen, zuzunehmen, wobei "die Zahl der illegalen Grenzübertritte an allen EU-Außengrenzen in den neun Monaten von 2021 rund 120.000 erreicht hat", heißt es in dem Bericht. Dem stünden rund 77.000 und 91.000 illegale Übertritte in den ersten neun Monaten von 2020 und 2019 gegenüber.
Einigung zu Asylreform "noch weit"
Ohne umfassende Reform werde die Union "verletzlicher und weniger vorbereitet bleiben", so der Bericht, der deshalb die Kommissionsvorschläge vom September 2020 bewirbt. Sie sehen neue Regeln für den Umgang mit Asylbewerbern vor, um Erstaufnahmeländer wie Griechenland und Italien, Litauen oder Polen zu entlasten. Nach einem abgestuften System müssten sich alle Mitgliedsstaaten mit ihnen solidarisch zeigen.
Die Pläne werden von den EU-Regierungen und dem Europaparlament beraten. Der Bericht stellt fest, es habe "guten Fortschritt auf technischer Ebene gegeben, aber eine politische Einigung auf einige Schlüsselelemente ist noch weit".
Unterdessen legte die Kommission am Mittwoch auch neue Vorschläge vor, um irregulärer Migration entgegenzuwirken. In einem Aktionsplan gegen Menschenschmuggel regte sie unter anderem die Nutzung künstlicher Intelligenz und die Zusammenarbeit von Frontex mit dem Privatsektor an.
- Pro Asyl: Keine Zurückweisung Schutzsuchender
Anlässlich des Weltflüchtlingstages warnt Pro Asyl die EU-Staaten vor der Aushöhlung der Genfer Flüchtlingskonvention. Schutzsuchende dürften nicht pauschal zurückgewiesen werden.