Sechs Stunden tagten die EU-Länderchefs per Videokonferenz. Auf Finanzhilfen für angeschlagene Staaten wie Italien konnte man sich nicht einigen. Merkel bittet Deutsche um Geduld.
Eigentlich hätte die Videokonferenz der 27 Staats- und Regierungschefs der EU nur zwei Stunden dauern sollen. Zu groß aber waren die Differenzen bei der Frage, wie sich die Staatengemeinschaft künftig gegen die Corona-Krise stemmen will. Vor allem die Unterstützung wirtschaftlich schwächerer Länder ist ein Knackpunkt.
Das betonte Merkel bei einer telefonischen Pressekonferenz nach den Verhandlungen. Die Kanzlerin sprach von Solidarität, beherztem Vorgehen und lobte die Arbeit der EU-Kommission. Doch hinter den Kulissen gärt es gewaltig in der Eurozone.
Gemeinsam gegen die Ausbreitung des Virus vorgehen
Nach Angaben von EU-Ratspräsident Charles Michel ist man sich zumindest darin einig, gemeinsam gegen die Ausbreitung des Virus vorzugehen, Schutzausrüstung zusammen zu beschaffen und den Warenverkehr im Binnenmarkt trotz der Ausgangsbeschränkungen zu sichern.
Sehen Sie hier einen Beitrag über Forderungen von Italien an die EU
Italien ist das von Corona-Virus am stärksten betroffene Land, trotz mehrfacher Bitte an Europa kam kaum Hilfe. China dagegen bietet eine "Seidenstraße der Gesundheit" und Italien nimmt die Hilfe gerne an.
Allerdings konnte man sich auch nach sechsstündigen Verhandlungen nicht darauf einigen, mit welchen Finanzinstrumenten man besonders schwer angeschlagene Staaten wie Italien oder Spanien unter die Arme greift. Italien ist mit rund 7500 Corona-Toten das am schwersten von der Epidemie getroffene EU-Land.
Kanzlerin Merkel ist gegen Corona-Bonds
Während einige Staaten Corona-Bonds, also Gemeinschaftsanleihen, forderten, betonte Kanzlerin Merkel, dass der Euro-Hilfsmechanismus ESM das geeignete Mittel der Hilfe sei.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte, dass der Corona-Ausbruch die entscheidenden Pfeiler der EU zerstören könne, wenn keine ausreichende Solidarität gezeigt werde.
Auch Macron will wie acht andere EU-Länder Gemeinschaftsanleihen, die das Risiko von Krediten auf alle EU-Staaten verteilen. Deutschland, die Niederlande, Österreich und einige andere Staaten lehnen dies aber ab.
Merkel begründet die deutsche Ablehnung so: "Ich glaube, dass wir mit dem ESM ein Kriseninstrument haben, das uns viele Möglichkeiten eröffnet, die nicht die Grundprinzipien unsers gemeinsamen und jeweils verantwortlichen Handels infrage stellt."
In zwei Wochen sollen neue Vorschläge auf den Tisch kommen
In zwei Wochen soll der Gipfel wieder zusammenzukommen. Bis dahin sollten die Finanzminister Lösungen ausarbeiten. Sie erwarte Vorschläge, die "der einzigartigen Herausforderung" durch die Krise gerecht würden, so Merkel.
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