Was sind die Positionen, welche Rolle nimmt Deutschland ein und wie geht es jetzt weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Streit zwischen Frankreich und Großbritannien.
Worum geht's es bei dem Konflikt?
Immer wieder machen sich Migranten auf den Weg von Frankreich durch den Ärmelkanal nach Großbritannien. Die Überfahrt, die meist durch Schlepper organisiert wird, ist illegal und sehr gefährlich. Erst am Mittwoch war ein Boot im Ärmelkanal vor der französischen Stadt Calais gekentert. Dabei starben mindestens 27 Menschen. Und auch am Wochenende haben sich erneut Dutzende Menschen illegal auf den gefährlichen Weg nach Großbritannien gemacht, wie britische Medien berichteten.
Was sind die Positionen?
Die illegale Einreise von Migranten über den Ärmelkanal ist der konservativen Regierung in London ein Dorn im Auge. Die Regierung unter Premier Johnson macht Frankreich und die EU dafür verantwortlich. Am Freitag hatte Johnson einen persönlichen Brief an Macron auf Twitter veröffentlicht. Darin schlägt Johnson ein Abkommen vor, "das es erlaubt, alle Migranten, die illegal über den Ärmelkanal kommen, wieder zurückzubringen".
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte das Verhalten des britischen Premierministers Boris Johnson als "unseriös". "Über solche Fragen kommuniziert man unter Politikern nicht auf Twitter", so Macron. Der französische Regierungssprecher Gabriel Attal verwies darauf, dass Frankreich bereits 7.800 Migranten aus Seenot gerettet habe. "Der Vorschlag einer Rückführung ist wirklich keine Lösung, um dieses Problem zu regeln", betonte Attal.
Als unangemessen prangerte die Opposition in Großbritannien den Streit an. "Beide Länder verlieren sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen, während in unserem Kanal Kinder sterben", sagte die außenpolitische Sprecherin der Labour-Partei, Lisa Nandy. Auch Viele Hilfsorganisationen kritisieren die humanitäre Lage der Flüchtlinge und fordern besseren Schutz von Menschenleben.
Worüber wurde am Sonntag in Calais beraten?
Vertreter Frankreichs, Belgiens, Deutschlands, der Niederlande und der EU-Kommission trafen sich am Sonntag im nordfranzösischen Calais, um über die Flüchtlingskrise am Ärmelkanal zu beraten.
Alle teilnehmenden Staaten einigten sich darauf, zukünftig einen härteren Streit gegen Schleuser zu führen. Großbritannien, das Ziel der mit kleinen Booten übersetzenden Flüchtlinge ist, wurde zur Schaffung legaler Migrationswege aufgerufen, sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin. Außerdem müsse Großbritannien die illegale Beschäftigung von Flüchtlingen erschweren. Zudem soll ab Mittwoch auch ein Flugzeug der EU-Grenzschutzbehörde Frontex die Küste des Ärmelkanals überwachen.
Zu dem Treffen eingeladen hatte Frankreich. Ursprünglich sollte auch die britische Innenministerin Priti Patel teilnehmen, doch wurde sie von ihrem französischen Kollegen Gérald Darmanin im zunehmenden Streit um die Flüchtlingskrise wieder ausgeladen. Auch Patel rief erneut zur Zusammenarbeit auf.
Welche Rolle nimmt Deutschland bei dem Konflikt ein?
Noch hat weder die alte noch die neue Regierung in Deutschland sich konkret zu dem Flüchtlingsstreit geäußert. Durch seine wichtige Rolle in der Europäischen Union ist Deutschland aber durchaus Teil des Konflikts. Bei den Beratungen in Calais werden auch deutsche Vertreter dabei sein.
Hinzu kommt: Von einigen der schätzungsweise etwa 2.500 Migranten, die sich in der französischen Küstenregion aufhalten, wurde zuvor in Deutschland der Asylantrag abgelehnt.
Wie geht es jetzt weiter?
Experten erhoffen sich nicht viel von dem heutigen Treffen in Calais, besonders weil es nun ohne britische Beteiligung stattfindet. Und auch Hilfsorganisationen sind skeptisch, dass die Beratungen am Sonntag zu einer Verbesserung der Lage führen. "Ich befürchte, dass die Antwort einzig und allein repressiv und sicherheitsbezogen sein wird", sagte Juliette Delaplace von der örtlichen katholischen Flüchtlingshilfe. Sie erwarte, dass die Politik "erneut die Schlepper verantwortlich" mache, obwohl es die Politik sei, "welche die Schleusernetzwerke" befördere.
Bis es zu einer Einigung im Flüchtlingsstreit zwischen Frankreich und Großbritannien kommt, wird also wohl noch dauern.
- Johnson will Rückführungsabkommen mit Paris
Bei der Überfahrt von Frankreich nach Großbritannien sterben 27 Migranten bei einem Bootsunglück. Premier Johnson fordert nach der Tragödie ein neues Abkommen der beiden Länder.