Beim zweitägigen EU-Gipfel wollen sich die EU-Staats- und Regierungschefs auch mit dem Brexit befassen. Nicola Sturgeon will unterdessen für die schottische Unabhängigkeit werben.
Kurz vor dem EU-Gipfel zum Brexit hat die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon um Unterstützung der Europäischen Union für die Unabhängigkeit Schottlands geworben. "Die schottische Regierung glaubt, dass die beste Zukunft für unser Land als unabhängige Nation innerhalb der EU liegt", schrieb Sturgeon in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Die Welt".
Sturgeon kritisiert Johnsons Brexit-Kurs
Den Brexit bezeichnete sie als "verantwortungslos", "töricht" und "schädlich für die Wirtschaft". Der Regierung des britischen Premierministers Boris Johnson warf sie "Ruchlosigkeit" in ihrem Vorgehen bei der Trennung von der EU vor. Da die Regierung in London entschlossen sei, "Konsens und Solidarität den Rücken zu kehren", brauche Schottland "einen alternativen Weg nach vorn".
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Boris Johnsons No-Deal-Poker
Der No-Deal-Brexit gilt als Schreckgespenst in der EU. Doch der britische Premier scheint gar nicht abgeneigt. Welche Vorteile könnte Boris Johnson darin sehen?
Die Grundwerte der Europäischen Union wie Achtung der Menschenwürde und Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und Rechtsstaatlichkeit seien allesamt "Werte, hinter denen wir mit voller Überzeugung stehen", betonte die schottische Regierungschefin.
Brexit: 58 Prozent der Schotten für Unabhängigkeit
Ende dieses Jahres läuft die Brexit-Übergangszeit ab. Großbritannien wird mit Ablauf dieser Frist den EU-Binnenmarkt verlassen. Ein Handelsabkommen ist bisher weiterhin nicht in Sicht. "Das bedeute eine unmittelbare Gefahr für Arbeitsplätze, Investitionen und den Lebensstandard in Schottland", warnte Sturgeon.
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"Enormes Problem für die Tourismusbranche"
Bei einer neuen Kampagne gehe es darum, "Schäden, die der Brexit schon jetzt verursacht hat, einzudämmen", sagt Tourismusexperte John Lennon.
Eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage zeigt, dass die Unterstützung der Schotten für die Unabhängigkeit von Großbritannien auf ein Rekordhoch gestiegen ist. In der Erhebung des Instituts Ipsos Mori sprachen sich 58 Prozent für die Unabhängigkeit aus.
Johnson gegen zweite Abstimmung für Schottland
Beim schottischen Unabhängigkeitsreferendum 2014 hatten 55 Prozent der Schotten für einen Verbleib in Großbritannien gestimmt. Sturgeon und ihre Schottische Nationalpartei (SNP) argumentieren jedoch, dass angesichts des Brexit eine neue Abstimmung nötig sei. Bei dem britischen Referendum über den EU-Austritt von 2016 hatte sich eine Mehrheit der Schotten für den Verbleib in der Europäischen Union ausgesprochen.
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Schottland soll zu EU zurückkehren
55 Prozent der Schotten stimmten 2014 für einen Verbleib in Vereinigten Königreich. Nach dem Brexit habe sich die Situation nun geändert, meint Regierungschefin Sturgeon.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat jedoch wiederholt klargemacht, dass er keine zweite Volksabstimmung zur Unabhängigkeit Schottlands zulassen wird. Für ihn wurde die Frage beim ersten Referendum 2014 geklärt.
Die EU-Staats- und Regierungschefs befassen sich am Donnerstag mit den Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit Großbritannien nach dem Brexit.