Kampf gegen Kindesmissbrauch im Netz: EU plant Offensive

    Darstellungen im Internet:EU plant Offensive gegen Kindesmissbrauch

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    Internetkonzerne melden verbotene Inhalte bisher nur auf freiwilliger Basis. EU-Kommissarin Ylva Johansson will nun eine Meldepflicht einführen.

    EU-Innenkommissarin Ylva Johansson spricht auf einer Pressekonferenz der EU-Kommission am 7. Oktober 2021 in Brüssel.
    EU-Innenkommissarin Ylva Johansson aus Schweden.
    Quelle: Reuters

    EU-Innenkommissarin Ylva Johansson will Internetunternehmen für die Verbreitung von dokumentiertem Kindesmissbrauch stärker zur Verantwortung ziehen. So soll der Schutz von Kindern im Internet künftig deutlich verbessert werden, sagte Johansson der "Welt am Sonntag".

    Der sexuelle Missbrauch von Kindern im Internet nimmt zu.

    EU-Innenkommissarin Ylva Johansson

    Johansson: "Ich werde in den kommenden Monaten eine Gesetzgebung vorschlagen, die Unternehmen verpflichtet, den sexuellen Missbrauch von Kindern zu erkennen, zu melden und zu entfernen. Eine freiwillige Meldung wird dann nicht mehr ausreichen".

    Große Internetunternehmen in der Verantwortung

    Diese Verpflichtung werde vor allem die großen Internetunternehmen betreffen. "Fünf Unternehmen sind verantwortlich für 99 Prozent der Meldungen. Das Unternehmen Meta (Facebook) alleine ist für 95 Prozent verantwortlich", sagte sie. Bisher ist es Internetanbietern freigestellt, ob sie gegen sexuellen Missbrauch im Internet vorgehen. Rechtsgrundlage dafür ist eine EU-Verordnung.

    Wir müssen in der Lage sein, europaweit und global zusammenzuarbeiten.

    EU-Innenkommissarin Ylva Johansson

    Johansson sieht einen großen Bedarf für ein spezielles EU-Zentrum, um dem sexuellen Missbrauch von Kindern vorzubeugen und ihn zu bekämpfen. Ein solches Zentrum würde es ermöglichen, sowohl die Prävention, die Strafverfolgung als auch die Unterstützung von Opfern zu verbessern, sagte die Sozialdemokratin aus Schweden.

    Anstieg an Kinderpornografie in der Pandemie

    Die EU-Kommissarin begründete ihre Forderung nach einer Melde- und Löschpflicht von dokumentiertem Kindesmissbrauch auch mit neueren Entwicklungen: "Während der Pandemie, wo sich mehr Täter isoliert zuhause aufgehalten haben, ist die Nachfrage nach Material mit Darstellungen sexuellen Kindermissbrauchs angestiegen, in einigen EU-Mitgliedsländern sogar um bis zu 25 Prozent. Das führt umgekehrt zu neuem Missbrauch."
    Johansson erklärte, allein im Jahr 2020 hätten Internetanbieter und soziale Netzwerke 22 Millionen (freiwillige) Meldungen verschickt, 2019 seien es 17 Millionen Meldungen gewesen. Das sei aber nur "ein Bruchteil" der begangenen Straftaten. "Die Opfer von sexuellem Missbrauch (im Internet) werden immer jünger. Im Durchschnitt sind die Kinder zwölf Jahre alt, wenn sie erstmals im Zusammenhang mit explizit sexuellen Inhalten online gezeigt werden", so Johansson. Der Missbrauch werde immer extremer.

    In der gesellschaftlichen Diskussion wird häufig vertreten, dass der Begriff "Kinderpornografie" unpassend sei, da er Gewalt gegen Kinder verharmlose. Es gibt für diese Ansicht gute Argumente. Der strafrechtliche Paragraf § 184b StGB spricht jedoch von der Verbreitung von "kinderpornografischen" Schriften. Im Alltag wird auch oft der Begriff "Sexualisierte Gewalt gegen Kinder" oder "dokumentierter Kindesmissbrauch" verwendet.

    Quelle: dpa, Reuters
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