Sie sind hier:

Rebellion einiger EU-Kommissare : Brüssel gibt Corona-Hilfen für Polen frei

Datum:

Nach monatelangem Streit mit Polen um den Rechtsstaat gibt die EU-Kommission den Wiederaufbaufonds für das Land frei. Doch auch in den eigenen Reihen regt sich massiver Widerstand.

Pro-EU-Demonstrationen in Krakau am 10.10.2021
Die EU-Kommission hat den Plan für den Corona-Wiederaufbaufonds für Polen gebilligt.
Quelle: picture alliance / NurPhoto

Dass sich gleich mehrere EU-Kommissare mit Einwänden gegen einen Beschluss der eigenen Kommission wenden, daran können sich auch Veteranen in Brüssel kaum erinnern.

Heute war es so weit, als die EU-Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen den Corona-Wiederaufbaufonds für Polen beschlossen hat. Es ist nicht weniger als eine kleine Rebellion, die die Kommissionspräsidentin da erlebt.

Kommission gibt Faustpfand auf

Aber der Reihe nach: Mit dem Beschluss verbunden ist die mögliche Auszahlung von bis zu 36 Milliarden Euro für das Land. Ziemlich viel Geld also, das die EU-Kommission bisher wegen des Streits um verletzte Prinzipien des Rechtsstaats zurückgehalten hatte - als Faustpfand, um aus ihrer Sicht dringend nötige Reformen in dem Land zu erreichen.

Im Mittelpunkt der Diskussion des Streits stand dabei die sogenannte Disziplinarkammer, mit der die Regierung in Polen unliebsame Richter einfach versetzen oder abstrafen konnte.

Nun hat die nationalkonservative polnische Regierung Bewegung angekündigt: Man will die Disziplinarkammer abschaffen. Doch schon bevor der Gesetzentwurf - bei dem es obendrein noch Zweifel gibt, ob er sich nicht bloß in Schönheitskorrekturen ergeht - endgültig beschlossen ist, hat die EU-Kommission den Corona-Aufbaufonds für das Land nun freigegeben.

Zwei Vizepräsidenten stimmen dagegen

Warum so voreilig? Das fragen sich nicht nur die Kritiker von außen, etwa aus dem Europaparlament. Es fragen sich auch mehrere Schwergewichte aus den Reihen der EU-Kommission selbst. Nach ZDF-Informationen sind darunter etwa mit Frans Timmermanns und Margrethe Vestager gleich zwei der sogenannten Exekutiv-Vizepräsidenten der EU-Kommission - also der direkten Stellvertreter Ursula von der Leyens.

Außerdem in den Reihen der Skeptiker: die Vizepräsidentin für Werte und Transparenz, Věra Jourová, Justiz-Kommissar Didier Reynders sowie Innen-Kommissarin Ylva Johansson.

Bei der Abstimmung votierten am Ende nur zwei der Kritiker gegen den Plan. Die beiden Gegenstimmen stammten allerdings von den beiden wichtigsten in der Runde - Timmermanns und Vestager. Ihr zentraler Einwand: Die von der Kommission vorgelegten "Meilensteine" entsprächen nicht dem, was der Europäische Gerichtshof von Polen gefordert hatte. Die anderen drei, die vorher Einwände geäußert hatten, nahmen an der Sitzung nicht teil, sie waren auf Reisen.

Ein Klick für den Datenschutz

Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Twitter nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Twitter übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Twitter informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutz-Einstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Mein ZDF“ jederzeit widerrufen.

Der Protest wird folgenlos bleiben - die EU-Kommission hat schließlich so viele Kommissarinnen und Kommissare, wie es Mitgliedsstaaten in der EU gibt: 27. Fünf sind da nur eine Minderheit. Aber eine, die öffentlich zum Problem werden könnte für die Kommissionspräsidentin.

Kritik an Kommissionspräsidentin

Seit Monaten wirft ihr schließlich auch das Europaparlament vor, in Fragen des Rechtsstaats viel zu zögerlich vorzugehen. Den heutigen Beschluss findet etwa der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund gegenüber ZDFheute auch grundfalsch:

Hunderte Richter in Polen sind illegalerweise ernannt und fällen jeden Tag illegale Urteile. Doch die Kommission ignoriert das und gibt jetzt 36 Milliarden Euro frei.
Grünen-Abgeordneter Daniel Freund

In den Reihen der Kommissionspräsidentin hält man diese Kritik selbstredend für völlig falsch. Der Beschluss von heute sei ja weiterhin mit Meilensteinen verbunden: Erst wenn diese erfüllt sind, werde tatsächlich das Geld an Polen ausgezahlt. Und sollte Polen das Rad zurückdrehen, könne man sich das Geld auch wieder zurückholen.

Eine angekratzte Autorität?

Ob die kleine Rebellion in den eigenen Reihen die Autorität der Kommissionspräsidentin ankratzt? Zumindest in ihrem Umfeld wird das vehement bestritten. An diesem Donnerstag reist Ursula von der Leyen nach Polen: Dort will sie den frischen Beschluss ihrer Kommission präsentieren - egal, was manche ihrer eigenen Kommissare dazu auch sagen.

Florian Neuhann ist ZDF-Korrespondent in Brüssel.

Archiv: Oberstes Gericht in Warschau, Polen

Justizreform in Polen - Nur ein schlichter Etikettentausch? 

Polen schafft auf Druck der EU die umstrittene Disziplinarkammer am Obersten Gericht ab - und ersetzt diese gleichzeitig durch eine neue. Diese soll genauso arbeiten.

von Gabriele Lesser
Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Bewertet! Bewertung entfernt Zur Merkliste hinzugefügt Merken beendet Embed-Code kopieren HTML-Code zum Einbetten des Videos in der Zwischenablage gespeichert.
Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen des ZDF.

Sie haben sich mit diesem Gerät ausgeloggt.

Sie haben sich von einem anderen Gerät aus ausgeloggt, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Ihr Account wurde gelöscht, Sie werden automatisch ausgeloggt.

Um Sendungen mit einer Altersbeschränkung zu jeder Tageszeit anzuschauen, kannst du jetzt eine Altersprüfung durchführen. Dafür benötigst du dein Ausweisdokument.

Zur Altersprüfung

Du bist dabei, den Kinderbereich zu verlassen. Möchtest du das wirklich?

Wenn du den Kinderbereich verlässt, bewegst du dich mit dem Profil deiner Eltern in der ZDFmediathek.

Du wechselst in den Kinderbereich und bewegst dich mit deinem Kinderprofil weiter.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.

An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.