Die EU-Kommission sieht in Ungarn Korruption und andere Verstöße gegen den Rechtsstaat. Deswegen will sie dem Land Zahlungen von 7,5 Milliarden Euro streichen.
Wegen Korruption und einer Aushöhlung des Rechtsstaats hat die EU-Kommission vorgeschlagen, Ungarn Fördermittel in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro zu streichen. Das teilte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn in Brüssel mit.
Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission diesen Schritt aufgrund von Mängeln im Rechtsstaat eines EU-Landes vorschlägt.
Brüssel sieht EU-Mittel in Ungarn nicht genug geschützt
Das Geld aus dem EU-Haushalt sei in Ungarn nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt, sagte Hahn. Zugleich würdigte der Österreicher die Zusagen, die die ungarische Regierung zuletzt gemacht hatte: "Ungarn hat sich tatsächlich bewegt."
Budapest hatte am Samstag Reformen angekündigt, durch die das Land eine Kürzung der Mittel doch noch verhindern will. Ungarn habe mitgeteilt, "Maßnahmen zur Behebung der Situation" bis 19. November umsetzen zu wollen, sagte der EU-Haushaltskommissar weiter. Seine Behörde werde die Lage "auswerten und entsprechend vorgehen".
Um dem Land tatsächlich Geld aus dem EU-Haushalt zu kürzen, müssten dem Vorschlag nun mindestens 15 Länder der Europäischen Union mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen.
Ungarn: Das System Orban
EU-Rechtsstaatsmechanismus im April eingeleitet
Eingeleitet hatte die Behörde von Ursula von der Leyen das Verfahren nach dem sogenannten EU-Rechtsstaatsmechanismus bereits im April. Dieser ist seit Anfang 2021 in Kraft und soll dafür sorgen, dass Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien bestraft werden können. Entscheidend dabei ist, dass durch die Defizite ein Missbrauch von EU-Geldern droht.
Weil Polen und Ungarn sich besonders im Fokus des Instruments sehen, hatten beide Länder vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen geklagt. Dieser wies die Klagen im Februar jedoch ab. Beide Staaten bekommen jährlich Milliarden aus dem Gemeinschaftsbudget.
Aus Luxemburg kommt letztes grünes Licht für den finanziellen Sanktionsmechanismus der EU-Kommission. Der EU-Haushalt soll von der Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit abhängig sein.
Brüssel wirft Ungarn unter anderem Korruption, Interessenkonflikte und massive Probleme bei der öffentlichen Auftragsvergabe und der Parteienfinanzierung vor. Eine Gruppe um den rechtsnationalistischen Regierungschef Viktor Orban wird verdächtigt, sich zum Schaden des EU-Haushalts zu bereichern.
Ungarn konnte EU-Bedenken nicht ausräumen
Die jüngste Ankündigung über Reformschritte räumte die Bedenken der EU-Behörde nicht aus. Deshalb leitete sie nun den nächsten Schritt in dem Rechtsstaatverfahren ein.
Zudem blockiert die EU-Kommission derzeit mehrere Milliarden Euro an Corona-Hilfen für Ungarn. Es ist das einzige Land, das sich bislang nicht mit Brüssel auf einen Plan für die Verwendung der Gelder einigen konnte.