Das EU-Parlament steht im Fokus von Korruptionsermittlungen. Es gab fünf Festnahmen, darunter die griechische Vizepräsidentin Kaili. Es geht auch um Einflussnahme eines Golfstaats.
Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili wurde festgenommen. Sie soll von Katar Geld bekommen und sich im Gegenzug für das Emirat eingesetzt haben.
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Ermittlungen zu Korruption, Geldwäsche und versuchter Einflussnahme eines Golfstaats erschüttern das Europaparlament. Nach Angaben der belgischen Staatsanwaltschaft gab es in dem Fall am Freitag 16 Durchsuchungen - fünf Personen wurden festgenommen. Auch die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, wurde nach Informationen der Nachrichtenagenturen dpa und AFP festgenommen. Was bisher zu den Ermittlungen bekannt ist - ein Überblick:
Worum geht es bei den Ermittlungen im EU-Parlament?
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft geht es um "bandenmäßige Korruption und Geldwäsche". Zudem bestehe seit Monaten der Verdacht, dass ein Golfstaat versuche, die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen des EU-Parlaments zu beeinflussen. Beträchtliche Geldsummen oder Sachgeschenke seien vermutlich an Personen im Parlament verteilt worden, die eine politische oder strategische Position innehätten.
Welcher Golfstaat mutmaßlich Einfluss auszuüben versucht, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit. Medienberichten zufolge soll es sich um Katar handeln.
ZDF-Reporter Gunnar Krüger berichtet aus Brüssel über die Dimension des Korruptionsskandals um Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili.
Was ist über die Durchsuchungen bekannt?
Insgesamt fanden der Staatsanwaltschaft zufolge am Freitag 16 Durchsuchungen in Brüssel statt, einem der Arbeitsorte des Europäischen Parlaments. Dabei habe die Polizei Datenträger und Mobiltelefone sowie Bargeld in Höhe von rund 600.000 Euro beschlagnahmt.
Wer sind die fünf Festgenommenen?
Im Zuge der Ermittlungen wurden demnach fünf Personen in Brüssel festgenommen, darunter die Griechin Eva Kaili, die eine der 14 Vizepräsidenten des EU-Parlaments ist. Sie wurde am Freitagabend in ihrer Wohnung in Brüssel festgenommen. Ihre Pasok-Partei (Panhellenische Sozialistische Bewegung) schloss sie inzwischen aus.
Bei den anderen vier - zuvor - Festgenommenen handelt es sich den Angaben zufolge um:- einen parlamentarischer Mitarbeiter der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament (S&D), der auch Kailis Lebensgefährte ist,
- den ehemaligen sozialdemokratischen Europaabgeordneten Pier Antonio Panzeri aus Italien,
- den Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), der Italiener Luca Visentini
- den ebenfalls aus Italien stammenden Chef einer Nichtregierungsorganisation.
Wie positionierte sich Kaili zu Katar?
Die 44-jährige Parlamentsvize und frühere TV-Moderatorin Eva Kaili hatte sich kurz vor Beginn der Fußball-WM in Katar mit dem katarischen Arbeitsminister Samikh Al Marri getroffen. Kaili hatte im Namen der EU die Verpflichtung Katars begrüßt, "die Arbeitsreformen fortzusetzen", wie es damals in einem Tweet des EU-Botschafters in Doha, Cristian Tudor, hieß.
NGOs werfen Katar seit Jahren vor, die Menschenrechte Hunderttausender Wanderarbeiter aus Asien und Afrika zu missachten. Als Reaktion darauf setzte Doha Arbeitsrechtsreformen in Kraft. Diese wurden von Gewerkschaften zwar begrüßt, sie fordern jedoch weiterhin eine strengere Durchsetzung der neuen Regeln.
Im November hatte Kaili im EU-Parlament gesagt, die WM in Katar sei "ein konkreter Beweis dafür, wie Sportdiplomatie zu einer historischen Transformation eines Landes führen kann, dessen Reformen die arabische Welt inspiriert haben". Katar sei "führend bei den Arbeitsrechten".
In Brüssel ist die Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, festgenommen worden. Gemeinsam mit vier weiteren Personen wird ihr Korruption und Geldwäsche vorgeworfen.
Welche Reaktionen kommen aus dem EU-Parlament?
Ein Sprecher des Europaparlaments sagte auf Anfrage, zu laufenden Ermittlungen äußere man sich nicht. Man werde jedoch vollständig mit den zuständigen Behörden kooperieren.
Ähnlich äußerte sich die sozialdemokratische Fraktion des Parlaments. Die Fraktion habe keine Toleranz für Korruption. Zugleich müssten im Parlament die Arbeit an allen Themen, die die Golfstaaten betreffen, sowie die Plenarabstimmungen dazu ausgesetzt werden.
Der Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe Anti-Korruption des Parlaments, Daniel Freund (Grüne), zeigte sich von den Ermittlungen geschockt.
Geld dürfe bei den Entscheidungen in Europas größtem Parlament keine Rolle spielen. Es drohe eine gewaltiger Vertrauensverlust.
Die deutsche Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Nicola Beer (FDP), sagte, sie sei "fassungslos". Es sei "völlig klar, dass das insgesamt negative Auswirkungen auf das Parlament hat".