Sammelklagen sollen ab 2023 in allen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union möglich sein. Das EU-Parlament hat seine Zustimmung gegeben.
Die Einführung von EU-weiten Sammelklagen ist final beschlossen. Das EU-Parlament in Brüssel billigte eine Einigung mit den Mitgliedstaaten vom Sommer, wonach Verbraucher künftig überall in der EU gemeinsam juristisch gegen Unternehmen vorgehen können. Die neue Richtlinie tritt damit in einigen Wochen in Kraft, die 27 EU-Staaten haben anschließend zwei Jahre Zeit, um ihre nationale Rechtslage entsprechend anzupassen, und weitere sechs Monate um sie anzuwenden.
Sammelklagen in allen 27 Mitgliedsstaaten
Bestimmte Institutionen wie Verbraucherverbände können dann stellvertretend für die Geschädigten gegen Unternehmen auf Unterlassung und Schadenersatz klagen. Entschädigungen sind so etwa in den Bereichen Datenschutz, Finanzdienstleistungen, Gesundheit und Flug- und Bahnverkehr möglich. EU-Justizkommissar Didier Reynders sagte angesichts der vielen ausgefallenen Flüge in diesem Jahr, die Verbandsklagen seien jetzt notwendiger denn je. Die Sammelklagen lieferten soliden Schutz für Verbraucher.
Hintergrund der Regelung sind Fälle wie manipulierte Abschalteinrichtungen mit Hunderttausenden Geschädigten. Die EU-Kommission hatte die Möglichkeit grenzüberschreitender Sammelklagen im April 2018 als Reaktion auf den VW-Abgasskandal vorgeschlagen. Jeder Einzelne für sich hat nur geringe Chancen - allein deshalb, weil ihm womöglich die Ressourcen für einen Rechtsstreit gegen Großunternehmen fehlen. Anders sieht es aus, wenn Verbraucher sich zusammenschließen und gemeinsam klagen können. Deshalb schlug die EU-Kommission 2018 vor, europaweit Kollektivklagen zu erlauben.
Käufer eines manipulierten VW-Diesel haben keinen Anspruch auf Schadensersatz, wenn sie ihn nach dem Abgas-Skandal gekauft haben. Das hat der Bundesgerichtshof beschlossen.
Kritik an EU: Fehlende Einheitlichkeit
Nach Angaben der Kommission gibt es bereits in 19 Mitgliedstaaten kollektive Rechtsbehelfe, auch in Deutschland. Mit den neuen EU-Regeln müssen Verbraucher ihren Schadenersatz dann aber nicht mehr individuell einklagen. Zudem können sie künftig auch in anderen EU-Staaten ihre Rechte durchsetzen.
Der CDU-Abgeordnete Andreas Schwab monierte fehlende Einheitlichkeit bei der Ausgestaltung der Klagemöglichkeit in den einzelnen EU-Ländern. Justizkommissar Reynders zufolge gibt es in einigen Staaten aber bereits gut funktionierende Regelungen zu Verbandsklagen. Diese sollten beibehalten werden. Die Sozialdemokratin Lara Wolters mahnte an, dass Verbandsklagen nicht nur für Verbraucher und nicht nur für EU-Bürger zur Verfügung stehen sollten.