Nach den Gräueltaten in Butscha drohen Moskau weitere Sanktionen und eine verschärfte Isolation. Die EU-Kommission will Kohle-Importe aus Russland verbieten.
Wegen der Kriegsgräuel in der Ukraine will die Europäische Union erstmals Sanktionen im Energiebereich gegen Russland verhängen: Die EU-Kommission schlug am Dienstag ein "Einfuhrverbot für Kohle aus Russland im Wert von vier Milliarden Euro jährlich" vor, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel erklärte. Auch die Einfuhr von Holz, Zement und alkoholischen Getränken wie Wodka soll demnach untersagt werden. In einem zweiten Schritt könnten auch Ölimporte verboten werden.
Von der Leyen begründete das inzwischen fünfte Sanktionspaket der EU mit den "grauenvollen Bildern aus Butscha und anderen Gebieten", aus denen sich die russischen Truppen zurückgezogen hatten. Damit soll auch die Ausfuhr von bestimmten Halbleitern, Computern und anderer Ausrüstung im Wert von zehn Milliarden Euro aus der EU nach Russland untersagt werden.
Verbot von Bank-Transaktionen, weitere Oligarchen auf Liste
Nach ZDF-Informationen will die Kommission außerdem alle Transaktionen mit der VTB-Bank und drei anderen Banken verbieten, die bereits vom internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen worden seien. Daneben würden zahlreiche weitere Russen auf die Sanktionsliste kommen. Dazu gehörten weitere Oligarchen, Militärvertreter und Politiker.
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Ob die Sanktionen wie vorgeschlagen verhängt werden, müssen nun die 27 EU-Staaten entscheiden. Diplomaten zufolge wollen die Botschafter der Mitgliedstaaten am Mittwoch über die verschärften Strafmaßnahmen beraten.
Habeck unterstützt offenbar Kohle-Lieferstopp
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterstützt einen möglichen EU-Lieferstopp russischer Kohle. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Kreisen des Ministeriums erfuhr, sind das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium und die Bundesregierung im engen Austausch mit der EU-Kommission.
Es entspreche der Linie des Bundeswirtschaftsministeriums, die Unabhängigkeit von russischen Energieimporten Sparte für Sparte und schrittweise zu erreichen, hieß es weiter. Das Ministerium arbeite seit Wochen hart daran, die Voraussetzungen zu schaffen, um den "Cut" jeweils so früh wie möglich zu vollziehen.
Bisher hielt Habeck ein Embargo gegen russisches Gas, Öl und Kohle für den falschen Weg. Deutschland werde die Abhängigkeiten aber Schritt für Schritt reduzieren, sagt er im ZDF.
Verwiesen wurde auf einen vor zehn Tagen vorgelegten "Fortschrittsbericht Energiesicherheit", wonach die Unabhängigkeit bei Kohle am schnellsten gehen werde. In dem Bericht hieß es: "Bis zum Herbst kann Deutschland unabhängig von russischer Kohle sein."
"Wir schließen uns diesem Boykott an", sagte auch der SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Bundestag. Gleichzeitig sprach er sich für die Prüfung weiterer Sanktionsmöglichkeiten aus.
FAQ- Russische Energie: Wäre Embargo verkraftbar?
Nach Berichten über Gräueltaten in Butscha wird der Ruf nach einem sofortigen Abnahmestopp Deutschlands von russischer Energie lauter. Was würde ein Embargo bedeuten?
Deutschland ist stark von russischer Energie abhängig, besonders vom Gas, das über Pipelines geliefert wird. Aber auch bei der Kohle ist Russland für Deutschland Lieferland Nummer eins: 2020 kamen 45 Prozent der eingeführten Hartkohle und Hartkohleprodukte wie Briketts oder Koks dorther, 2021 erhöhte sich der Anteil nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf 57 Prozent. Kohle kann Deutschland jedoch einfacher ersetzen als russische Gas-Importe, die nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bis 2024 benötigt werden.
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