Kommissionspräsidentin von der Leyen will sinkende Energiepreise und Abgaben auf Übergewinne durchsetzen. Auch einen Preisdeckel für russisches Öl und Gas soll es bald geben.
Mit einem "Notfallinstrument" will Ursula von der Leyen (CDU) in den EU-weiten Strommarkt eingreifen. Dieser funktioniere durch Wladimir Putins Manipulation des Gaspreises nicht mehr, sagt die Präsidentin der Europäischen Kommission in der ZDF-Sendung "maybrit illner". Ihr Ziel ist, die Preise der anderen Energieträger von den Gaspreisen zu entkoppeln.
Außerdem geht es von der Leyen um etwas, das der in der Ampel-Koalition umstrittenen Übergewinnsteuer gleicht: "Einen Teil der Gewinne, mit denen die Stromerzeuger niemals gerechnet haben, werden wir abschöpfen und für einkommensschwache Haushalte und Unternehmen verwenden." Allerdings solle es sich nicht um eine Steuer handeln. Ihren Beitrag sollen auch die Produzenten fossiler Energien leisten.
Profite in der Krise
Von der Leyen: Energie eine knappe Ressource
Ende kommender Woche, beim Treffen der europäischen Energieminister, will die Kommissionspräsidentin einen gemeinsamen Vorschlag erarbeiten. Vom kommenden Jahr an solle zudem eine grundsätzliche Reform des Strommarktes angegangen werden.
Das Preissignal, dass Energie eine knappe Ressource ist, ist von der Leyen dabei wichtig. Optimistisch äußert sich die Kommissionspräsidentin hinsichtlich eines Preisdeckels für russisches Öl und Gas, über den derzeit die G7-Staaten diskutieren.
Quadbeck: Drittes Entlastungspaket zu spät
Grünen-Chefin Ricarda Lang spricht sich dafür aus, Übergewinne abzuschöpfen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr setzt mehr Hoffnung auf eine preisdämpfende Wirkung des "neuen Marktdesigns", das von der Leyen angeschnitten hat. "Schlüssige Ideen" attestiert der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) der Kommissionspräsidentin.
Die Ampel-Koalition ist unterdessen dabei, ein drittes Entlastungspaket zu erarbeiten. "Zu spät", findet die Journalistin Eva Quadbeck (RND). Eine satt zweistellige Milliardensumme brauche es an Entlastungen.
Lang: Sozial gestaffelte Energiepreispauschale
Wie die aussehen könnten? Lang plädiert für eine soziale gestaffelte Energiepreispauschale, die noch in diesem Jahr für Herbst und Winter fließt.
Außerdem brauche es eine Anschlussregelung für das 9-Euro-Ticket. "Der Weg zur Unabhängigkeit sind die Erneuerbaren Energien", erklärt die Grünen-Vorsitzende.
Dürr: Nach oben gedeckelten Inflationsausgleich
Neun Euro pauschal für Bus und Bahn, das lässt sich in Dürrs Augen nicht finanzieren. Aber: "Wir hatten das unkomplizierteste ÖPNV-Ticket in Europa, daran gilt es anzuknüpfen."
Bei der Entlastung der Haushalte setzt der FDP-Fraktionschef auf einen nach oben gedeckelten Inflationsausgleich im Steuersystem, Stichwort kalte Progression. "Ich halte sehr viel davon, auch die breite Mitte der Gesellschaft zu entlasten", sagt Dürr.
Laumann: Gelder gezielt einzusetzen
Laumann spricht vor allem von denjenigen, die deutlich unter dem Durchschnittsverdienst liegen. Für sie habe die Koalition bislang zu wenig getan. Angesichts begrenzter Mittel und Schuldenbremse gelte es die Gelder gezielt einzusetzen. Der CDU-Politiker mahnt, den sozialen Frieden zu wahren:
Damit mehr Energie vorhanden ist und die Preise gedämpft werden, sprechen sich Laumann und Dürr übergangsweise für längere Laufzeiten bei den drei noch bis Jahresende in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken aus. Lang ist anderer Ansicht und will das Ergebnis des Stresstests, der derzeit läuft, abwarten.
Neubauer: "Katastrophales Missmanagement"
Ein "katastrophales Missmanagement in der Energiepolitik in den letzten Jahrzehnten" sieht die "Fridays for Future"-Aktivistin Luisa Neubauer.
Das 9-Euro-Ticket sei ein "phänomenales Beispiel", wie man beide Probleme angehen könne. "Die Grünen müssen sich fragen, was schützen sie gerade – das Koalitionsklima oder das Weltklima", sagt Neubauer.