Das Europaparlament erklärt die EU zum "Freiheitsraum" für LGBTIQ-Menschen. Ein Zeichen gegen Diskriminierung sexueller Minderheiten - nicht zuletzt in Polen.
Mit klarer Mehrheit hat das Europaparlament die gesamte EU zum "LGBTIQ-Freiheitsraum" erklärt. 492 Abgeordnete votierten dafür Antrag, es gab 141 Gegenstimmen und 46 Enthaltungen. Die Parlamentarier nahmen damit Bezug auf die seit 2019 von einer Reihe polnischer Gemeinden ausgerufenen "LGBTI-freien" Zonen.
Das englische Kürzel LGBTI steht für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und intersexuell. Das Q steht außerdem für "queer".
Helena Dalli, EU-Kommissarin für Gleichstellung, begrüßte die Initiative des EU-Parlaments:
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter, die EU sei eine LGBTIQ-Freiheitszone. "Du selbst zu sein, ist keine Ideologie. Es ist deine Identität. Das kann niemand je wegnehmen."
Polen wegen "LGBTI-freier" Gemeinden in der Kritik
Das streng katholische Polen steht immer wieder wegen der Diskriminierung sexueller Minderheiten in der Kritik. Die rechtsnationale Regierungspartei PiS prangert regelmäßig eine vermeintliche "LGTBI-Ideologie" an, die von Brüsseler "Eurokraten" genährt werde und sich gegen polnische Traditionen und Werte richte.
Die Kommission hatte einige der selbsterklärten LGBTI-freien Gemeinden von EU-Programmen ausgeschlossen. Scharfe Kritik kam auch vom EU-Parlament und dem Straßburger Europarat. Einige Gemeinden haben die umstrittenen Erklärungen mittlerweile zurückgenommen. Polnische Gerichte erklärten zudem einzelne von ihnen als illegal.
Ungarn plant diskriminierendes Gesetz
Auch Ungarn wird immer wieder vorgeworfen, die Rechte sexueller Minderheiten zu beschneiden. Die Regierung in Budapest plant ein Gesetz, das Definitionen von Elternschaft und Geschlecht zum Nachteil von Homosexuellen und Transgendern in der Verfassung verankern soll. Die Grundrechte von LGBTIQ-Personen würden dadurch "stark beeinträchtigt", heißt es dazu in der Parlamentsentschließung.
Die Abgeordneten fordern die Kommission auf, "alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente" zu nutzen, um sicherzustellen, dass die Grundrechte sexueller Minderheiten respektiert werden. Als Beispiele werden Vertragsverletzungsverfahren, die Streichung von EU-Mitteln und Strafverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge genannt.
In Polen ist Homophobie und LGBTQ*-Hass längst gesellschaftsfähig. 56 Gebiete haben sich bereits zu LGBTQ*-freien Zonen erklärt.
PiS-Abgeordnente: EU-Parlament "ideologische Maschine"
Der PiS-Europaabgeordnete Ryszard Legutko bezeichnete die Entschließung als "absurd" und das EU-Parlament als "große ideologische Maschine". Familienpolitik sei ausschließlich nationale Kompetenz der EU-Länder und die polnischen Gemeinden hätten ihr gutes Recht, traditionelle Familien zu verteidigen und die "Indoktrinierung" von Kindern mit "Absurditäten" von Gender-Theorien abzulehnen.
LGBTIQ-Menschen würden als "Spinner" oder "Perverslinge" abgetan, erwiderte die Grünen-Abgeordnete Terry Reintke. "Dabei fordern wir lediglich gleiche Rechte". Der LGBTI-Dachverband Ilga begrüßte die Erklärung, forderte aber mehr konkrete Schritte.