Lange war die Europäische Zentralbank untätig. Jetzt zwingt sie die hohe Inflation doch zum Handeln. Damit reagiert sie eher auf den öffentlichen Druck als unabhängig zu handeln.
Gut Ding will Weile haben. Nach diesem Motto verfuhr die EZB lange Zeit. Scheinbar tiefenentspannt schaute sie dem bunten Inflationstreiben von der Seitenlinie aus zu. Orakelte höchstens, dass schon alles nicht so schlimm kommen werde und höchstens temporär sei.
Nun, sie ist nicht die erste und einzige Institution, die von der Realität überholt und überrollt wurde. Das muss man ihr zu Gute halten. Allerdings ist die Bekämpfung der Inflation ihre Kernaufgabe. Und wenn man diese nicht erfüllt, muss man sich schon die Frage gefallen lassen, wozu man eigentlich da ist.
Hat sich die EZB von Südeuropa beeinflussen lassen?
Nicht von ungefähr kamen Vorwürfe, dass die EZB nicht mehr unabhängig sei, sondern politisch handele und vor allem auf Druck der hoch verschuldeten Südländer die Füße still halte.
Jetzt - bei 8 Prozent Inflation - sind ihr fast die Felle davon geschwommen und sie handelt. Erhöht den Leitzins - erstmals seit einem Jahrzehnt. Besser spät als nie, wird da der eine oder andere sagen. Kann man so sehen. Muss man aber nicht.
Der Eindruck drängt sich auf, dass die Notenbank eher auf den Druck der Öffentlichkeit reagiert hat. Getrieben statt unabhängig. Das ist das schlechteste Bild, welches eine Notenbank abgeben kann. Sie sollte eigentlich mit kühlem Kopf und vor allem vorausschauend handeln. Das hat sie versäumt - und das wird in Erinnerung bleiben.