Beim Besuch von Olaf Scholz im Verteidigungsausschuss verließ FDP-Politiker Faber vorzeitig den Raum und kritisierte den Kanzler auf Twitter. Nun bietet er seinen Rücktritt an.
Kanzler Scholz erklärte heute im Verteidigungsausschuss seine Ukraine-Politik. Einigen Fragen sei er ausgewichen, monierten FDP-Politiker im Anschluss. Einige sollen daraufhin die Sitzung verlassen haben. Die SPD sprach von unangemessenem Verhalten.
Bei der Befragung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor dem Verteidigungsausschuss des Bundestags haben der FDP-Bundestagsabgeordnete Marcus Faber und drei Fraktionskollegen die Sitzung vorzeitig verlassen. Nun bietet er seinen Rücktritt als verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion an.
Nach dem Verlassen der Sitzung am Freitagmorgen schrieb Faber auf Twitter:
In einem weiteren Tweet kritisierte er: "Wir können nicht noch mehr Zeit verschwenden für die angekündigte Zeitenwende." Inzwischen wurden die Tweets gelöscht.
Das Verhalten Fabers und seiner Fraktionskollegen wurde anschließend von Politikern und Medien als Ausdruck der Unzufriedenheit mit Scholz' Äußerungen und möglicher Spannungen in der Ampel-Koalition gewertet.
Bundeskanzler Scholz berät über weitere Militärhilfen aus Deutschland an die Ukraine. ZDF-Korrespondentin Christiane Hübscher über die Sitzung des Verteidigungsausschusses.
Faber rudert zurück
Später wies der FDP-Abgeordnete den Eindruck zurück, er habe die Sitzung mit seinen Fraktionskollegen aus Protest gegen den Kanzler verlassen und dankte ihm für einen konstruktiven Austausch. Er habe die Sitzung mit seinen Kollegen "wegen Anschlussterminen" verlassen müssen, erklärte Faber.
Schließlich entschuldigte er sich bei Twitter für seine Kommentare nach der Sitzung. Er wolle der FDP-Fraktion anbieten, als verteidigungspolitischer Sprecher zurückzutreten:
Strack-Zimmermann: Viele Abgeordnete, viele Fragen
Im ZDF-Mittagsmagazin sagte die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (ebenfalls FDP), natürlich hätten viele Abgeordnete viele Fragen gestellt.
Das sei bei Netto-Sprechzeit des Kanzlers von 35 Minuten allerdings auch nicht wirklich überraschend, so Strack-Zimmermann.
Die Abgeordneten hätten darüber hinaus immer die Möglichkeit, eine Sitzung früher zu verlassen. "Wenn ein Kollege etwas verärgert ist, dass seine Frage nicht beantwortet wurde - auch nicht so, wie er sich das vorgestellt hat - dann ist das durchaus für einen freien Abgeordneten möglich," sagte die FDP-Politikerin.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), spricht nach der Befragung von Kanzler Scholz von einem sehr konstruktiven Gespräch. "Der Kanzler hat sich offensichtlich wohlgefühlt", so Strack-Zimmermann.
Strack-Zimmermann dankbar für Kanzler-Besuch
Über den Besuch des Kanzlers im Verteidigungsausschuss habe sich Strack-Zimmermann sehr gefreut. Er habe auch angeboten, wiederzukommen. "Das heißt, er hat sich offensichtlich wohl gefühlt." Das freue sie als Vorsitzende "natürlich sehr".
In der Befragung sei es um die Situation in der Ukraine gegangen. "Ich glaube die wichtigste Botschaft ist, dass der Kanzler mit Wladimir Putin ins Gespräch kommen will." Außerdem habe er zugesagt, die Ukraine bis Kriegsende humanitär und mit Waffenlieferungen zu unterstützen und dass er Nato-Beitritte von Finnland und Schweden begrüßen würde.
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Hellmich (SPD): Unangemessen, den Sitzungssaal zu verlassen
Aus den anderen Fraktionen kamen unterschiedliche Reaktionen auf das Verhalten des FDP-Politikers Faber. Der SPD-Obmann im Verteidigungsausschuss, Wolfgang Hellmich, sagte der "Welt": "Das tut man nicht." Den Sitzungssaal zu verlassen während der Kanzler die Fragen der Abgeordneten beantwortet, sei "unangemessen".
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Kritik an Scholz auch aus der Union
Der CDU-Verteidigungspolitiker Hennig Otte hingegen äußerte Verständnis für Faber und dessen Fraktionskollegen: "Bundeskanzler Scholz wurde am Ende nicht nur leiser und flüchtete in andere Themenfelder, sondern düpierte auch seinen Koalitionspartner FDP, denn er ignorierte ihn schlicht", sagte Otte der "Bild".
Bundeskanzler Scholz war Mitte April dazu eingeladen worden, seine Ukraine-Politik im Verteidigungsausschuss zu erklären. Im Vorfeld gab es Kritik.
Scharfe Kritik an Scholz äußerte auch der Unions-Verteidigungsexperte Florian Hahn (CSU). "Das war heute im Verteidigungsausschuss ein unglaublicher Vorgang", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Scholz habe "alle zentralen Fragen zur Waffenlieferung an die Ukraine gar nicht oder nur seicht und oberflächlich beantwortet". Mit Blick auf Faber sagte Hahn, der Rückhalt des Kanzlers in der Koalition sei offenbar "brüchig".
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