Hunderte russischer Fachkräfte, die meist bei deutschen Firmen in Russland gearbeitet haben, möchten in Deutschland arbeiten. Die Bundesregierung will die Verfahren beschleunigen.
Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine haben sich Hunderte von Fachkräften aus Russland für einen Umzug nach Deutschland entschieden. Vor allem Mitarbeiter deutscher Firmen, die wegen der gegen Russland verhängten Sanktionen in eine ungewisse berufliche Zukunft blicken, entschließen sich zu diesem Schritt.
"Im April wurden in Moskau rund 350 Visa zum Zweck der Erwerbstätigkeit an russische Staatsangehörige erteilt", heißt es aus dem Auswärtigen Amt. In Sankt Petersburg stellte das deutsche Generalkonsulat den Angaben zufolge im gleichen Zeitraum 190 Arbeitsvisa aus.
Sammeltermine sollen Antragstellung für Russen vereinfachen
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war die Mehrheit der ausreisenden Fachkräfte bereits in Russland für ein deutsches Unternehmen tätig. Wir haben in den Wochen seit Kriegsbeginn bei mehr als 400 Anträgen für Arbeitsvisa russischer Staatsbürger, die nach Deutschland kommen wollen, Unterstützung geleistet", sagt Katharina Vorländer, Anwältin bei der auf Arbeitsmigration spezialisierten Kanzlei Fragomen Global LLP in Frankfurt am Main.
Rund 30 Prozent dieser Antragsteller seien bereits in Deutschland. Das sei in der Geschwindigkeit nur möglich geworden, weil es in dieser speziellen Situation Unterstützung durch die deutschen Behörden gab, wie wir es sonst nicht unbedingt immer erleben".
Seit Putins Einmarsch in die Ukraine sind mittlerweile Zehntausende, meist junge Russen aus ihrer Heimat geflüchtet: Viele von ihnen sind gut ausgebildet.
Beispielsweise habe das Auswärtige Amt in Absprache mit der deutschen Botschaft in Moskau und dem Generalkonsulat in Sankt Petersburg Sammeltermine zur Antragstellung für teilweise mehrere Dutzend Mitarbeiter einer Firma angeboten, was wir dann auch gerne angenommen haben", berichtet die Juristin. Da es aktuell keinen Postservice von Deutschland nach Russland gebe, um Originaldokumente zu versenden, hätten die Botschaft und das Konsulat zugestimmt, im Einzelfall auf Originale zu verzichten und per E-Mail eingereichte Unterlagen akzeptiert.
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600 Visa für russische Fachkräfte im Mai
Damit die bei Visa für Erwerbstätige erforderliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nicht in jedem Fall einzeln eingeholt werden muss, hat die Bundesagentur in Abstimmung mit der Bundesregierung für alle russischen Fachkräfte, die in Deutschland von ihrem bisherigen Arbeitgeber weiterbeschäftigt werden sollen, eine Globalzustimmung zur Arbeitsmarktzulassung" erteilt. Sie gilt bis Ende September.
Bei den Visa zur Erwerbstätigkeit handelt es sich um nationale Visa, die einen längeren Aufenthalt erlauben, nicht um sogenannte Schengen-Visa, die einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen in Deutschland und im Schengen-Raum ermöglichen.
Bedenken beim Verfassungsschutz
Der Verfassungsschutz sieht wegen der gegen Russland verhängten Sanktionen ein erhöhtes Risiko für Wirtschaftsspionage. Die russische Wirtschaft werde von Know-how und Technologien abgeschnitten, schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in einem aktuellen Sicherheitshinweis.
- Hacker-Attacken für deutsche Firmen teuer
Hackerattackern kommen Unternehmen teuer zu stehen - vor allem deutsche Firmen: Einer britischen Analyse zufolge liegt Deutschland auf Platz eins bei den Kosten von Cyber-Schäden.
Es bestehe die Gefahr, dass es vermehrt zu Anbahnungsversuchen insbesondere von Beschäftigten in für Russland relevanten Wirtschafts- und Forschungszweigen auch in Deutschland kommen könnte. Beschäftigte mit russischer Staatsangehörigkeit seien besonders gefährdet.
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