Wegen der Debatte um ihre Doktorarbeit tritt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zurück. An ihrer Kandidatur für das Bürgermeisteramt in Berlin hält die SPD-Politikerin fest.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat ihren Rücktritt eingereicht. Sie habe Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Kabinettsitzung am Morgen um die Entlassung aus ihrem Regierungsamt gebeten, teilte ihr Ministerium dazu mit. Hintergrund sind demnach die Vorwürfe gegen Giffey wegen ihrer Doktorarbeit.
An ihrer Spitzenkandidatur für die SPD zur Abgeordnetenhauswahl im September in Berlin will Giffey aber festhalten. "Die Berliner SPD und die Berlinerinnen und Berliner können sich auf mich verlassen. Dazu stehe ich. Mein Wort gilt", erklärte sie. "Als Berlinerin konzentriere ich mich jetzt mit all meiner Kraft auf meine Herzenssache: Ganz sicher Berlin", hob sie hervor.
Auch die Berliner SPD hat mittlerweile bestätigt, sie wolle an Giffey als Spitzenkandidatin festhalten. Man gehe "nun mit einer Spitzenkandidatin in den Wahlkampf, die sich mit ganzer Kraft auf ihre Herzenssache Berlin konzentriert", erklärte Ko-Landesparteichef Raed Saleh.
Giffey: Regierung und Bürger haben Anspruch auf Klarheit
In der Erklärung zu ihrem Rücktritt heißt es: "In den letzten Tagen sind erneut Diskussionen um meine Dissertation aus dem Jahr 2010 aufgekommen. Nachdem die Freie Universität Berlin bereits im Jahr 2019 eine zweite Überprüfung der Arbeit vorgenommen und eine Entscheidung auf Nichtaberkennung des Titels getroffen hat, wurde das Verfahren im Jahr 2020 erneut aufgerollt. Dies geschah über ein Jahr nach dem abschließenden und rechtskräftigen Verwaltungsakt aus dem Jahr 2019.
Ich habe daraufhin erklärt, meinen Titel nicht mehr zu führen, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Das neu eingesetzte Gremium hat seinen Prüfbericht nun abgeschlossen. Die Freie Universität Berlin hat mir bis Anfang Juni Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, die ich wahrnehmen werde."
Da die Bundesregierung, ihre Partei und die Öffentlichkeit schon jetzt Anspruch auf Klarheit und Verbindlichkeit hätten, habe sie sich zu dem Schritt entschieden.
Doktorarbeit "nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben"
Sie stehe jedoch weiterhin zu ihrer Aussage, ihre Doktorarbeit "nach bestem Wissen und Gewissen" geschrieben zu haben. "Ich bedauere, wenn mir dabei Fehler unterlaufen sind." Sollte die Freie Universität zu dem Ergebnis kommen, ihr den Doktortitel abzuerkennen, werde sie die Entscheidung akzeptieren, schreibt Giffey weiter.
Bereits heute ziehe sie die Konsequenzen aus dem "andauernden und belastenden Verfahren". "Damit stehe ich zu meinem Wort." Die SPD-Politikerin hatte 2019 angekündigt, ihr Amt aufzugeben, wenn ihr der Doktortitel aberkannt werden sollte.
Franziska Giffey ist seit März 2018 Bundesfamilienministerin. Seit November 2020 ist sie Vorsitzende der SPD Berlin und deren Spitzenkandidatin für das Amt des Regierenden Bürgermeisters.
FDP-Generalsekretär Volker Wissing begrüßte den Rücktritt Giffeys als "richtig und notwendig". CSU-Generalsekretär Markus Blume kritisierte, dass Giffey an ihrer Spitzenkandidatur in Berlin festhalte. Der Berliner CDU-Generalsekretär Stefan Evers nannte den Rücktritt "unumgänglich". SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bedauerte Giffeys Schritt, sie zeige aber damit "Größe".
SPD will Familienressort bis zur Wahl kommissarisch besetzen
Aus Regierungskreisen verlautete, dass die SPD den Posten der Familienministerin bis zur Bundestagswahl im Herbst nicht nachbesetzen will. Kommissarisch soll eine andere SPD-Ministerin oder ein anderer SPD-Minister die Amtsgeschäfte übernehmen. Offenbar sind dafür Arbeitsminister Hubertus Heil und Justizministerin Christine Lambrecht im Gespräch.