Nato fängt russische Militärjets ab: Grund zur Sorge?
FAQ
Vorfälle über der Ostsee:Russische Jets abgefangen - Grund zur Sorge?
von Oliver Klein
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Wieder hat die Bundeswehr über der Ostsee drei russische Militärjets abgefangen. Die Zahl solcher Zwischenfälle steigt deutlich. Warum ist das so? Und wie läuft das Abfangen ab?
Kampfflugzeuge vom Typ Eurofighter - Machtdemonstration gegenüber Russland.
Quelle: reuters
Es ist schon wieder passiert: Die Bundeswehr hat über der Ostsee drei russische Militärmaschinen abgefangen. Immer wieder kommt es im Luftraum über der Ostsee zu Zwischenfällen zwischen Militärjets von Russland und der Nato.
Warum werden Militärmaschinen in internationalem Luftraum überhaupt abgefangen? Wie läuft das konkret ab? Was bedeutet das für das Verhältnis zu Russland - ist das eine neue Eskalationsstufe? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.
Was ist geschehen?
Die deutsche Luftwaffe hat drei russische Militärflugzeuge im internationalen Luftraum über der Ostsee abgefangen. Die drei Aufklärungsflugzeuge seien ohne Transponder-Kennung unterwegs gewesen, schrieb die Luftwaffe am Mittwoch auf Twitter:
Tweet der Luftwaffe zu dem Zwischenfall
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Immer wieder kommt es im Luftraum über der Ostsee zu Zwischenfällen zwischen Nato-Streitkräften und Russland. Die Eskortflüge sind dabei auch eine Art Machtdemonstration.
von Jan Schneider
Warum wurden die Maschinen in internationalem Luftraum abgefangen?
Das sei kein ungewöhnlicher Vorgang, erklärt Frank Sauer, Militärexperte der Universität der Bundeswehr in München: "Das passiert, wenn die russischen Militärflieger ihre Transponder nicht anhaben oder auf einer ungewöhnlichen Flugroute unterwegs sind oder sie nicht auf die Flugverkehrskontrolle reagieren."
Durch den Einsatz wird also mit einer Sichtidentifizierung geklärt, was da überhaupt für ein Flugzeug unterwegs ist, welcher Typ, welche Nationalität. Darum hält Sauer den Begriff "begleiten" für den ganzen Vorgang passender als den meist verwendete Begriff "abfangen". Ein Sprecher der Luftwaffe erläutert auf Anfrage von ZDFheute:
Hat eine Maschine den Transponder ausgeschaltet, sei das auch eine Gefährdung für den zivilen Luftverkehr.
Wie läuft das Abfangen einer Maschine ab?
Die Nato-Piloten nähern sich den russischen Maschinen, um sie genauer in Augenschein zu nehmen - teilweise bis auf zehn Meter, wie der Oberstleutnant und Eurofighter-Pilot Jürgen Schumann in einem Video der Bundeswehr erklärt. Es werde Kontakt mit den Piloten aufgenommen, quasi von Cockpit zu Cockpit.
Das betreffende Flugzeug werde dann ein Stück weit begleitet, um zu signalisieren: "Wir sind da, kommt nicht in unsere Nähe", so Schumann. Manchmal werde auch durch eine Kurvenbewegung die Unterseite des eigenen Flugzeugs mit seiner Bewaffnung gezeigt - "Show of Force" nennt man das, eine Demonstration militärischer Stärke. "Wenn wir die Identifizierung abgeschlossen haben, dann drehen wir auch wieder ab."
Sind diese Zwischenfälle eine Eskalation des Konflikts mit der Nato?
Ein solcher Einsatz, wenn also die Alarmrotte der Luftwaffe aufsteigt, sei zunächst einmal "kein aggressiver Akt", erläutert Frank Sauer - "und das wird auch von der Gegenseite in der Regel nicht so empfunden". Insofern sei diese Aufklärung eher zur Deeskalation geeignet.
"Das passiert regelmäßig, dass die Alarmrotten der Luftwaffe aufsteigen, um zu kontrollieren: Was ist das für ein Flugzeug, wohin ist das unterwegs - für uns ist das Tagesgeschäft", sagt auch der Sprecher der Luftwaffe. Bisher hätten die russischen Maschinen immer abgefangen werden können, bevor sie den Nato-Luftraum erreichten.
Trotzdem könnte Russland mit der erhöhten Präsenz seiner Luftstreitkräfte über der Ostsee auch eine Demonstration seiner militärischen Stärke beabsichtigen. Denn die Zahl solcher Zwischenfälle ist stark gestiegen.
Täglich übt die Alarmrotte am Stützpunkt Rostock-Laage für den Ernstfall. Seit des Russland-Ukraine-Krieges steigt die Gefahrenlage.23.08.2022 | 3:33 min
Wie oft wurden russische Militärmaschinen schon abgefangen?
Insgesamt gab es für die Nato im vergangenen Jahr etwa 570 Einsätze, um Flüge russischer Militärmaschinen im internationalen Luftraum zu überwachen. Die Zahl nannte ein Bündnissprecher im Februar. 2021 waren es noch rund 300. Die meisten Einsätze gab es laut Nato über der Ostsee.
Aber: Der deutliche Anstieg hat nach Angaben der Nato nicht nur damit zu tun, dass mehr russische Flieger über der Ostsee unterwegs sind - er ist auch das Ergebnis der stärkeren Nato-Präsenz an der Ostflanke infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. So standen dort zuletzt auch deutlich mehr Flugzeuge für die Luftraumüberwachung zur Verfügung. Und umgekehrt fliegen auch Nato-Jets immer wieder in Richtung russischer Grenze und werden abgefangen.