Frankfurts OB: Worum es im Prozess gegen Peter Feldmann geht

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    Frankfurts Oberbürgermeister:Worum es im Prozess gegen Peter Feldmann geht

    18.10.2022 | 06:00
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    Frankfurts Oberbürgermeister muss sich wegen Korruption verantworten. Was Peter Feldmann vorgeworfen wird und wie der Prozess am Landgericht Frankfurt abläuft - ein Überblick.

    Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann
    Der SPD-Politiker Peter Feldmann muss sich wegen Korruption verantworten.
    Quelle: dpa

    Was wird Peter Feldmann vorgeworfen?

    Im März erhob die Staatsanwaltschaft Anklage im Zusammenhang mit Betrugsvorwürfen und überhöhten Gehältern bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegen Peter Feldmann (SPD).
    Feldmanns frühere Lebensgefährtin und spätere Ehefrau soll als Leiterin einer deutsch-türkischen Kita zu viel Geld und einen Dienstwagen erhalten haben. Die Anklage wirft Feldmann vor, dass dieses Arbeitsverhältnis ab 2014 aufgrund seiner Stellung als Oberbürgermeister geschlossen worden sei.

    Wie verhielt sich die AWO?

    Im Wahlkampf 2018 soll die Frankfurter AWO Feldmann durch das Einwerben von Spenden unterstützt haben. Als Gegenleistung sei er mit der damaligen Verantwortlichen des Kreisverbands stillschweigend übereingekommen, die Interessen der AWO Frankfurt bei seiner Amtsführung "wohlwollend" zu berücksichtigen.
    Die Verfahren gegen Feldmanns frühere Frau, von der er mittlerweile getrennt ist, sowie gegen AWO-Verantwortliche, wurden abgetrennt.

    Wie reagiert Feldmann auf die Vorwürfe?

    Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft wies Feldmann zurück. Über einen Sprecher ließ er nach der Anklageerhebung mitteilen, ein Verfahren gebe ihm die Möglichkeit, "mit den maßlosen Verdächtigungen aufzuräumen". Die Vorwürfe stünden auf "tönernen Füßen". Außer "einseitigen Mutmaßungen" hätten die Ermittlungen nichts ergeben.
    Schon zuvor hatte er versucht, seinen Kritikern mit einer "Transparenzoffensive" den Wind aus den Segeln zu nehmen. Anfang September 2020 veröffentlichte er seinen Steuerbescheid von 2018 im Internet.
    Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann hat einen freiwilligen Rücktritt abgelehnt - trotz parteiübergreifender Rücktrittsforderungen. 25.05.2022 | 1:48 min

    Welche weitere Kritik gibt es an Feldmann?

    Doch auch nach der Anklageerhebung sorgte Feldmann selbst mit seinen öffentlichen Auftritten für reichlich weitere Kritik. Es folgten Vorwürfe wegen sexistischer Äußerungen bei einem Flug ins spanische Sevilla. Er war unterwegs zum Finale des Fußballbundesligisten Eintracht Frankfurt in der Europa League im Mai.
    Außerdem gab es Vorwürfe wegen seines als anmaßend empfundenen Verhaltens bei der anschließenden Siegesfeier von Eintracht Frankfurt. Für beides entschuldigte er sich.

    14.9.2015: In Frankfurt wird die erste deutsch-türkische Kindertagesstätte eröffnet, die von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betrieben wird. Die Kita wird später ungewollt zum Politikum.

    11.3.2018: Peter Feldmann setzt sich bei der OB-Stichwahl gegen seine Konkurrentin Bernadette Weyland (CDU) mit großer Mehrheit (gut 70 Prozent der Stimmen) durch und wird im Amt bestätigt.

    November 2019: Der AWO-Skandal nimmt seinen Lauf. Medienberichte tauchen auf, wonach Feldmanns Frau als Leiterin der türkisch-deutschen Kita mehr Gehalt als üblich und einen Dienstwagen bekommen hat. Diskutiert wird dabei auch über die Rolle von Feldmann, der inzwischen ihr Ehemann ist und früher für denselben Arbeitgeber tätig war. Die AWO weist die Vorwürfe zurück.

    27.11.2019: Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) nimmt Stellung zu den Berichten und weist sie zurück. Er habe keinen Einfluss genommen, betont er.

    10.01.2020: Feldmanns Ehefrau bietet eine freiwillige Gehaltsrückzahlung an. Sie habe um die Berechnung des Differenzbetrags zur Eingruppierung in der Gehaltsstufe drei gebeten, sagt ein Sprecher des AWO-Kreisverbands Frankfurt. Später zahlt Feldmanns Frau die überhöhten Bezüge zurück.

    15.09.2020: Das hessische Innenministerium leitet wegen der AWO-Affäre ein Disziplinarverfahren gegen Feldmann (SPD) ein. Feldmann selbst hatte im März diesen Schritt beantragt. "Ich habe nichts zu verbergen. Ich bin überzeugt, mich korrekt verhalten zu haben - und stelle mich deshalb bewusst der umfassenden Prüfung durch meinen Dienstherrn", sagt er.

    12.3.2021: Kurz vor den hessischen Kommunalwahlen wird bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Frankfurt bereits seit Ende Februar gegen
    Feldmann ermittelt. Es geht um den Anfangsverdacht der Vorteilsnahme.

    22.3.2022: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt erhebt im Zusammenhang mit der AWO-Affäre Anklage gegen den Oberbürgermeister wegen des Verdachts der Vorteilsnahme. Feldmanns Frau habe als Leiterin einer AWO-Kita "ohne sachlichen Grund" ein übertarifliches Gehalt bezogen. Zudem habe die AWO Feldmann im Wahlkampf 2018 durch Einwerbung von Spenden unterstützt. Im Gegenzug habe er die Interessen der AWO Frankfurt "wohlwollend berücksichtigen" wollen. Rücktrittsforderungen gegen Feldmann werden laut, die dieser aber zurückweist. Er sieht sich weiterhin zu Unrecht beschuldigt.

    7.4.2022: Feldmann kündigt seinen Rückzug aus der Kommunalpolitik an. Nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit 2024 werde er nicht erneut kandidieren, teilt er mit. Außerdem will er eine Parteimitgliedschaft ruhen lassen, falls die Anklage gegen ihn zugelassen wird. Seiner eigenen Partei geht das nicht weit genug. Sie fordert ihn auf, bei einer Zulassung der Anklage sein Amt niederzulegen.

    25.4.2022: Ermittler rücken mit einem Durchsuchungsbeschluss im Rathaus Römer an. Zu einer echten Durchsuchung der Räume kommt es aber offenbar nicht. Feldmann zufolge gab es lediglich ein Gespräch.

    18.5.2022: Eintracht Frankfurt gewinnt die Fußball-Europa League. Rund um das Endspiel leistet sich Feldmann einige Fehltritte. Unter anderem wird ein Video bekannt, das eine sexistische Äußerung des OB im Flugzeug nach Sevilla zeigt. Beim Empfang der Mannschaft einen Tag später im Römer nimmt er Eintracht-Kapitän Sebastian Rode und Trainer Oliver Glasner den Pokal aus der Hand, um damit in Richtung Kaisersaal vorwegzuschreiten. Feldmann selbst bedauert später sein Auftreten, und auch für seinen Spruch im Flieger entschuldigt er sich.

    23.5.2022: Die Frankfurter SPD fordert den umgehenden Rücktritt von Feldmann - unabhängig von der Frage, ob die Anklage gegen ihn zugelassen wird. Feldmann zeigt sich davon unbeeindruckt.

    30.5.2022: Das Landgericht Frankfurt lässt die Anklage gegen Feldmann zu. Das bedeutet, dass der OB vor Gericht muss. Zurücktreten will er aber weiterhin nicht.

    9.6.2022:
    Die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung entzieht Feldmann das Vertrauen. Sie stimmt für die Einleitung eines Abwahlverfahrens, das bei der nächsten Sitzung Mitte Juli beschlossen werden soll.

    5.7.2022: Feldmann kündigt an, sein OB-Amt Ende Januar 2023 aufzugeben.

    11.7.2022: In einer Mitteilung von Feldmanns Büro ist von einem vorzeitigen Ruhestand keine Rede mehr. Er wolle sich im Januar von der Stadtverordnetenversammlung abwählen lassen, heißt es nun.

    14.7.2022: Die Stadtverordnetenversammlung wählt Feldmann mit einer Zweidrittelmehrheit ab. Nimmt der OB dies nicht an, kommt es am 6. November zu einem Bürgerentscheid.

    22.7.2022: Die Frist verstreicht ungenutzt.

    26.9.2022: Die Bürger erhalten nach und nach ihre Abstimmungsbenachrichtigungen. In einem ungewöhnlichen Schulterschluss wollen die Koalitionsparteien Grüne, SPD, FDP und Volt sowie die größte Oppositionspartei CDU für die Abwahl Feldmanns werben. Der OB teilt mit, bei einer gescheiterten Abwahl bis 2024 im Amt bleiben zu wollen.

    18.10.2022: Prozessbeginn vor dem Frankfurter Landgericht gegen Feldmann wegen des Verdachts der Vorteilsnahme.

    06.11.2022: Klares Ergebnis beim Bürgerentscheid - die Frankfurter wählen Feldmann ab.

    Wie reagieren seine Ampel-Koalition und Volt in Frankfurt?

    Doch sogar seine eigene Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt stellte sich angesichts der Affären und Fehltritte gegen ihn. Im Juni wurde ein von der Koalition eingebrachter Misstrauensantrag in der Stadtverordnetenversammlung angenommen. Im Juli wählte ihn das Gremium mit breiter Mehrheit ab.
    Eine einwöchige Frist, um den Bürgerentscheid zu verhindern, ließ Feldmann verstreichen. Mittlerweile sind die Frankfurter Straßenlaternen mit Aufrufen zur Teilnahme am Bürgerentscheid plakatiert.
    Die Regierungsfraktionen werben offensiv für die Abwahl. Ihr Tenor:

    Für ein Kreuz vergessen wir mal alle Farben.

    SPD, Grüne, FDP und Volt

    Wie läuft der Prozess gegen Oberbürgermeister Feldmann ab?

    Das Frankfurter Landgericht bestimmte für den anstehenden Prozess sechs Verhandlungstermine bis Ende November. Ob Feldmann bis dahin noch Oberbürgermeister ist, entscheiden die Wähler.
    Damit das Ergebnis zählt, müssen sich mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten am Bürgerentscheid beteiligen. Diese Hürde gilt als hoch.
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    Wie geht es nach dem Bürgerentscheid weiter?

    Sollte die Abwahl gelingen, wäre Feldmann mit Ablauf des 11. Novembers nicht mehr im Amt. Falls er als Sieger aus dem Bürgerentscheid hervorgeht, will er bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 2024 im Amt bleiben.
    Ein Angebot an seine Koalition vom Juli, zum 31. Januar 2023 zurückzutreten, ist inzwischen wieder vom Tisch.
    Quelle: Annalena Dörner, AFP
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