Welche Rolle spielt die ukrainische Zivilbevölkerung in Putins Strategie? Bundeswehrgeneral Ramms erklärt, wie Moskau mit Flüchtlingsströmen EU und Nato destabilisieren könnte.
Egon Ramms im ZDF-Interview
Die Feuerpause für Mariupol und Wolnowacha ist Geschichte. Geplant war, dass Zivilisten die Städte über sichere Korridore verlassen können. Doch nur wenige konnten aus Wolnowacha und umliegenden Dörfern in Sicherheit gebracht werden. Beide Seiten warfen sich vor, die Waffenruhe gebrochen zu haben. Nun strebt die ukrainische Regierung weitere Korridore in den nächsten Tagen an. Am Montag findet eine neue Gesprächsrunde mit Russland dazu statt.
Bundeswehrgeneral a. D. Egon Ramms hält es einerseits für möglich, dass Russland über die Zivilbevölkerung die Aufgabe der ukrainischen Streitkräfte erzwingen will. Andererseits gibt er zu bedenken: "Wladimir Putin hat sicherlich ein großes Interesse daran, möglichst viel von der ukrainischen Bevölkerung - die die Regierung ja sehr stark unterstützt - aus dem Land herauszubekommen", so Ramms im ZDF spezial, "um dann das Land komplett einzunehmen, zu entmilitarisieren."
Flüchtlingsströme zur Destabilisierung der Nato und Europas?
Außerdem hält der General eine weitere Absicht Putins für möglich. Ramms sprach von 1,3 Millionen Flüchtlingen, von denen ein Großteil von Polen aufgenommen worden sei.
So könne Putin möglicherweise dafür sorgen, dass der Zusammenhalt der Nato und auch Europas destabilisiert werde. Falls das der Plan wäre, "müssten die Russen aber ein Interesse daran haben, die Zivilisten rauszubringen", so Ramms weiter im ZDF.
Kiew geht die Nahrung aus
Im nördlichen Teil der Ukraine konzentrierten sich Russlands Truppen unterdessen weiter darauf, die Hauptstadt Kiew und die zweitgrößte Stadt Charkiw einzukesseln, zu blockieren und einzunehmen. Nach Angaben der UN gehen dort die Nahrungsmittel aus, das Wasser wird knapp.
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Für General Ramms ist es offensichtlich, dass der Kampf um die Städte auch immer mehr zu einem Kampf gegen die Zivilbevölkerung wird. Die Menschen müssten immer weiter leiden und es werde auch bei der Zivilbevölkerung immer weitere Verluste geben.
Dies ist dem General zufolge ein wichtiger Gesichtspunkt, denn große Verluste in der Zivilbevölkerung könnten seiner Auffassung nach letztlich Auswirkungen auf die Moral der ukrainischen Streitkräfte haben.
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