Die Hilfe für Flüchtende aus der Ukraine läuft, doch ist sie gut genug? Laut Innenministerin Faeser wird alles getan. Die Opposition bezweifelt das. Und Ehrenamtliche fordern mehr.
"Bund und Länder sind im Gespräch und arbeiten an einer Lösung." Wenn solche Sätze in Berlin fallen, dann ist klar: Es gibt Probleme, und zwar keine kleinen. Die Hilfe für die flüchtenden Menschen vor dem Krieg in der Ukraine ist ein solches Problem. 175.000 Menschen sind mittlerweile offiziell in Deutschland, wie viele es tatsächlich sind und noch werden, weiß niemand momentan genau.
"Wir wissen, da kommt einiges auf uns zu", sagte heute Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zumindest ist mit ihrem Krisenmanagement zufrieden.
Faeser: Hilfe ist "schnell und umfassend"
Seit dem ersten Tag des Krieges, sagte Faeser heute in der Regierungsbefragung des Bundestages, seien Bund, Länder, Kommunen in engem Kontakt. Den Menschen aus der Ukraine werde "schnell und umfassend geholfen". Man arbeite derzeit daran, dass sie sowohl zwischen den Bundesländern nach dem Königsteiner Schlüssel als auch in Europa gerecht verteilt werden.
Doch das sehen nicht alle Parteien so.
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Union fordert mehr Sicherheit für Flüchtende
Das Problem Verteilung: Linken-Abgeordneter Pascal Meiser forderte mehr Unterstützung für Berlin, wo derzeit 10.000 Menschen am Tag ankommen. "Der Bund ist zu zögerlich, dem Land Berlin unter die Arme zu greifen", so Meiser. Aber wann würden denn die Menschen auf die Länder nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt? "Von Anfang an", so Faeser, "sofort" nach Ausbruch des Krieges sei das passiert. Seit dieser Woche auch nach dem Königsteine Schlüssel, was bedeutet: Die Länder können eine Zuweisung nicht ablehnen.
Das Problem Sicherheit: CDU-Generalsekretär Mario Czaja wollte von der Ministerin wissen, wie es sein könne, dass es sowohl an der Grenze als auch an den Bahnhöfen Menschenhändlern gelinge, Frauen und Kinder mitzunehmen. "Warum ist es in Deutschland nicht möglich, diese Menschen zu schützen?" Die AfD beklagte ebenfalls fehlende Kontrollen. Gottfried Curio behauptete, am Berliner Hauptbahnhof reise gerade "der halbe Balkan" ein, statt echter Kriegsflüchtlinge.
Dem widersprach Faeser vehement. Laut Bundespolizei hätten sechs Prozent der Einreisenden keine Berechtigung. Derzeit würden alle in den Zügen ab der polnischen Grenze kontrolliert. Wer keinen biometrischen ukrainischen Pass hat, zum Beispiel aus einem Drittstaat kommt und in der Ukraine studiert hat, werde von der Polizei registriert.
Kriegsflüchtlinge werden erst einmal nicht automatisch registriert. Nach einer EU-Richtlinie müssen sie das erst nach 90 Tagen, es sei denn, sie wollen früher Sozialleistungen beziehen.
Derzeit kein Krisenstab oder Gipfel
Das Problem Krisenstab: Vor allem die Grünen hatten bislang einen Gipfel gefordert. Auch die FDP wäre dafür und für einen Krisenstab, die Union forderte einen Koordinator, wie es ihn 2015 gegeben habe. Alles, um die Hilfe besser zu koordnieren. Der FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle: "Ich mache mir Sorgen, ob wirklich alle staatlichen Ebenen das Ausmaß der Katastrophe schon verstanden haben." Wie werde die Kommunikation sicher gestellt?
"Jeden Tag", so Faeser, sei man mit Ländern und Kommunen in Kontakt, es gebe ein "enges Netzwerk". Man habe "eine sehr gute Aufstellung". Es werde gerade bei der Aufnahme und Verteilung von Frauen und Kindern eine "gute Arbeit geleistet".
Ehrenamtliche: Berlin-Bashing zu einfach
Morgen wollen Bund und Länder bei der Ministerpräsidentenkonferenz darüber beraten, ob wirklich alles gut läuft und wo nachgebessert werden muss. Holger Michel ist im Netzwerk der Berliner Ehrenamtlichen aktiv und kümmert sich seit 2015 um Geflüchtete in der Hauptstadt. Alles läuft dort nicht gut. So fehle am Hauptbahnhof die medizinische Versorgung in dem Ankunftszelt. Dafür wäre die Gesundheitsverwaltung zuständig, die aber verweist darauf, dass für Geflüchtete das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten zuständig sei.
Welche Regeln gibt es für Helfer zu beachten? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Im Vergleich zu 2015 laufe zwar vieles besser, so Michel. "Wir sind aber in einer Extremsituation, die besondere Maßnahmen braucht." Die Ehrenamtlichen könnten nicht alles auffangen. Vielmehr müsste Personal aus den Landesbehörden abgezogen werden, der Bund müsse sich mehr einbringen, man brauche ein Meldesystem für freie Unterkünfte:
Die Hauptaufgabe sei momentan: Die Menschen unterbringen, medizinisch und mit Lebensmitteln versorgen. Alles andere komme später.