Migrationsexperte Gerald Knaus gilt als Architekt des Flüchtlingsabkommens von EU und Türkei. Er fordert von der deutschen Ratspräsidentschaft eine humanere Migrationspolitik.
Für den Leiter der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI), Gerald Knaus, ist der Umgang der Europäischen Union mit Flüchtlingen an den Außengrenzen sowie in der EU selbst "rechtswidrig". Der prominente Migrationsforscher ruft die deutsche EU-Ratspräsidentschaft auf, vor allem die katastrophalen humanitären Zustände in den griechischen Flüchtlingslagern zu beenden.
Knaus: "Erschreckend, wie Europäer eigene Gesetze brechen"
Der "Berliner Zeitung" sagte Knaus, angesichts der Corona-Pandemie müssten Flüchtlingslager auf den griechischen Ägäis-Inseln sofort evakuiert werden. Es sei "erschreckend zu sehen, mit welcher Brutalität Europäer ihre eigenen Gesetze im Umgang mit Asylsuchenden heute brechen", kritisierte Knaus.
Hinter den überfüllten Flüchtlingslagern vermutet er ein "Kalkül der Abschreckung" und kritisiert: "Die Menschen sind wie in einem Gefängnis zusammengepfercht". Sie dürften wegen der Corona-Quarantäne "seit Monaten" nicht raus. "Es ist entwürdigend."
Appell an Merkel: Bessere Lösung finden
"Wir dürfen die Flüchtlingskonvention, die nächstes Jahr ihren 70. Geburtstag feiert, nicht aufgeben", sagte Knaus weiter. Er appelliert an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sich für die Geltung der Flüchtlingskonvention einzusetzen: "Deutschland kann mit Griechenland eine bessere Lösung finden."
Für Merkel hatte Knaus 2016 das EU-Abkommen mit der Türkei konzipiert, in dem Ankara sich verpflichtete, über die türkische Grenze illegal nach Griechenland gereiste Migranten zurückzunehmen, die kein Asyl erhalten. Für jeden abgeschobenen Syrer wollte die EU aus der Türkei einen anderen syrischen Flüchtling übernehmen.
Neuer Deal mit der Türkei im europäischen Interesse
Jetzt plädiert Knaus für weitere EU-Hilfen an Ankara für syrische Flüchtlinge. Die Bildung und Integration von rund 670.000 syrischen Schulkindern in der Türkei sowie die medizinische Versorgung und Sozialhilfe für Flüchtlinge in der Türkei mitzufinanzieren sei im europäischen Interesse.
Zudem solle man den Millionen Vertriebenen im nordsyrischen Rebellengebiet Idlib mehr helfen. Es sei "nicht realistisch" zu erwarten, dass die Türkei ohne weiteres Engagement der EU in dieser Krise Menschen aus Griechenland zurücknehmen werde.
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