Die Flutkatastrophe im Sommer 2021 hat grundlegende Mängel beim Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben aufgedeckt.
Was passiert, wenn es wieder passiert?
Das Digitalfunksystem "BOSNet" für Sicherheits- und Rettungskräfte: In Deutschland war es nicht in der Lage, lebensrettende Krisenkommunikation sicherzustellen, als es infolge des Hochwassers 2021 in NRW und in Rheinland-Pfalz regionale Stromausfälle gab und zugleich die kommerzielle Telekommunikation ausgefallen war, kritisieren Experten gegenüber dem ZDF-Magazin "frontal".
Wenn der Behördenfunk nicht ausgefallen wäre, dann hätte "das ein oder andere Menschenleben sicher gerettet werden können", sagt ein leitender Feuerwehrmann aus dem Kreis Ahrweiler gegenüber "frontal".
Abhängig von der Telekom
Grund für den Ausfall des Behördenfunks an der Ahr sei vor allem die Abhängigkeit von den Datenleitungen der Telekom, die von den Wassermassen aus dem Boden gerissen und zerstört wurden. Das erklärt Thomas Blinn, Fachmann für Sicherheitskommunikation und Mitglied im unabhängigen Expertengremium für Kritische Infrastrukturen (AG KRITIS).
"Wandern, Wein und Wohlfühlen" - damit wirbt der Tourismusverband aktuell für Urlaub im Ahrtal. Ein knappes Jahr nach der verheerenden Flutkatastrophe hoffen die Bewohner, dass die Touristen wieder zurückkehren.
Während das Kernnetz des Bundes für den Behördenfunk weitgehend über geschützte eigene Datenleitungen verfüge, sei die "letzte Meile" zu den bundesweit 4.800 Basisstationen vielfach über kommerzielle Anbieter angebunden. Das sei "unhaltbar für sicherheitsrelevante Funktechnik, an der Menschenleben hängen", kritisiert Blinn.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Bund und Länder rund acht Milliarden Euro in den behördlichen Digitalfunk investiert. Doch "seine erste große Bewährungsprobe in der Flutkatastrophe 2021 hat der Behördenfunk nicht bestanden", rügt Blinn.
Überall Funklöcher
Während der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer sind in Rheinland-Pfalz 34 und in Nordrhein-Westfalen 29 Basisstationen ausgefallen. Infolge der dadurch entstandenen Funklöcher seien Notrufe aus den besonders betroffenen Gebieten nicht bis zu den Einsatzzentralen der Krisenstäbe gelangt.
Das sagt ein leitender Feuerwehrmann, der anonym bleiben muss, weil er Sanktionen durch Vorgesetzte fürchtet.
"Volle Kanne“ blickt mit Susanne Gelhard, Leiterin des ZDF-Landesstudios Rheinland-Pfalz, auf die Folgen des Hochwassers vor drei Monaten.
Nicht nur die ungeschützten Datenleitungen des BOS-Tetra-Funksystem seien ein Problem, auch die technische Ausstattung der Basisstationen sei unzureichend. So verfügen die Digitalfunk-Sendetürme in der Regel nur über eine Notbatterieversorgung von vier bis sechs Stunden - und sind meist auch ohne eigenes Notstromaggregat ausgestattet.
Das Expertengremium AG KRITIS fordert nun, dass durchschnittlich pro Bundesland rund eine Milliarde Euro in das digitale Krisenfunksystem investiert wird, an das seit 2019 auch die Bundeswehr angeschlossen ist.
"Geheimsache"
Die Bundesanstalt für den Digitalfunk wollte sich gegenüber "frontal" zu der Kritik nicht äußern und verweist auf die Zuständigkeit der Länder. Die ordnen das Thema auf Nachfrage als "Geheimsache" ein.