Kann Emmanuel Macron seine Reformen in der zweiten Amtszeit wie geplant umsetzen? Das neue Linksbündnis Nupes könnte seine Pläne durchkreuzen.
Bei der ersten Wahlrunde in Frankreich erzielte die Partei von Präsident Macron nur knapp die Mehrheit. Nächsten Sonntag wird es zur entscheidenden zweiten Runde kommen.
Frankreich erwartet ab Mittwoch eine Hitzewelle mit bis zu 40 Grad. Und nicht nur das Wetter treibt dem französischen Präsidenten diese Woche den Schweiß auf die Stirn. Emmanuel Macron kämpft um die absolute Mehrheit im Parlament. In der ersten Runde der Parlamentswahl lag sein Bündnis "Ensemble!" nur hauchdünn (25,75 Prozent) vor dem Linksbündnis von Jean-Luc Mélenchon (25,66 Prozent).
Allerdings sagen Prognosen der französischen Meinungsforschungsinstitute dem Regierungs-Bündnis zumindest eine relative, wenn auch nicht unbedingt eine absolute Mehrheit voraus. Die scheinbare Diskrepanz zwischen dem prozentualen Stimmanteil und der letztendlichen Sitzverteilung ist dem komplizierten Wahlsystem in Frankreich geschuldet.
Erst nach dem zweiten Wahlgang am 19. Juni steht fest, welches Bündnis wie viele Sitze in der Assemblée Nationale erhält. Verfehlt das Regierungsbündnis die absolute Mehrheit, müsste Macron bei geplanten Reformen wie etwa dem Anheben des Rentenalters von derzeit 62 auf 64 oder 65 Jahre möglicherweise Kompromisse eingehen.
ZDF-Korrespondent Walde mit einer Einschätzung der Wahl:
"Die Franzosen wollen, dass Macron weiterregiert, aber der große Enthusiasmus ist ein bisschen verflogen", sagt ZDF-Korrespondent Thomas Walde zur Parlamentswahl in Frankreich.
Das neue Linksbündnis "Nupe" punktet mit sozialen Themen
Der stärkste Gegenwind bläst Macron bei der Parlamentswahl nicht wie zuletzt von der rechten, sondern von der linken Seite entgegen. Das neue Linksbündnis Nupes, bestehend aus Sozialisten, Kommunisten, Linken und Grünen will die Pläne der Regierung durchkreuzen. Anführer ist Jean-Luc Mélenchon. Er landete bei der Präsidentschaftswahl im April auf dem dritten Platz mit rund 22 Prozent der Stimmen.
Diesen Schwung nutzte er, verbündete sich mit anderen Linken und profitiert nun von der Angst der Franzosen vor Inflation und den Folgen des Kriegs in der Ukraine. Nupes steht übersetzt für "Neue ökologische und soziale Volksunion". Die Union will die Rente mit 60, einen Mindestlohn von 1.500 Euro und höhere Steuern für Unternehmen und Vielverdiener. Die Preise etwa für Grundnahrungsmittel sollen eingefroren werden. Weil sich das Bündnis vor der Wahl abgesprochen und jeweils nur einen Kandidaten pro Wahlkreis aufgestellt hatte, schnitt es besonders gut ab.
Das Linksbündnis "Nupe" hatte im Wahlkampf bereits eine massive Kampagne gegen Emmanuel Marcon gefahren.
Für Mélenchon ist es ein Erfolg, Macron so in die Enge getrieben zu haben.
Marine Le Pen's Rassemblement National
Das Rassemblement National von Marine Le Pen, die bei den Präsidentschaftswahlen in der Stichwahl gegen Emmanuel Macron angetreten war, kann nicht mit dem Linksbündnis konkurrieren, weil die Partei in der Fläche längst nicht so gut verankert ist.
Der rechtsextreme Eric Zemmour, der bei den Präsidentschaftswahlen für Aufruhr gesorgt und immerhin sieben Prozent der Stimmen geholt hatte, kandidierte in Südfrankreich für einen Sitz im Parlament. Er schied direkt in der ersten Runde aus.
Macron kann nicht mehr begeistern
Noch nicht einmal die Hälfte der Franzosen (48,5 Prozent) ging zur Wahl. Die desaströse Wahlbeteiligung ist nicht nur dem schönen Wetter, das viele Franzosen mehr nach draußen als in die Wahllokale trieb, geschuldet.
- Macrons Bündnis hauchdünn vor Linksbündnis
Das Wählerbündnis von Frankreichs Präsident Macron liegt dem vorläufigen amtlichen Ergebnis zufolge ganz knapp vor der Linksallianz. Die absolute Mehrheit ist Macron nicht sicher.
Traditionell gilt die Parlamentswahl als weniger wichtig als die Präsidentschaftswahl und mobilisiert dementsprechend weniger die Massen. Hinzu kommt, dass Macron die Wähler heute nicht mehr so begeistert wie noch bei seiner ersten Wahl 2017. Der Enthusiasmus ist einer Art Resignation gewichen. Nach zwei Jahren Corona-Krise und mitten im Ukraine-Krieg setzen viele Franzosen auf Stabilität.
Macron hat diese Woche vor allem außenpolitische Termine. Er reist nach Rumänien und Moldawien und wird mit Olaf Scholz am Donnerstag in der Ukraine erwartet. Den Wahlkampf überlässt er seiner Premierministerin Elisabeth Borne.