Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fordert einen "vertieften Dialog" mit Polen. Hintergrund ist der sich weiter zuspitzende Justizstreit zwischen der EU und Polen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat im Konflikt zwischen der EU und Polen um die Rechtsstaatlichkeit für verstärkte Bemühungen um eine gütliche Einigung plädiert. Macron befürworte einen "vertieften Dialog", um die "Schwierigkeiten" auszuräumen, erklärte der Elysée-Palast nach einem Treffen des französischen Staatschefs mit seinem polnischen Kollegen Andrzej Duda.
Bei dem Arbeitsessen mit dem Gast aus Warschau habe Macron zugleich "seine Sorgen hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz" in Polen bekundet, hieß es in der Mitteilung des französischen Präsidialamts.
Justizkonflikt spitzt sich zu
Der bereits seit Jahren andauernde Konflikt um die Justizreformen der nationalkonservativen polnischen Regierung hatte sich am Mittwoch nochmals verschärft - der Europäische Gerichtshof (EuGH) wies Warschau an, der EU-Kommission täglich eine Million Euro Zwangsgeld zu zahlen.
Als Grund nannte das Gericht, dass die Regierung in Warschau die EuGH-Entscheidung zur polnischen Disziplinarkammer für Richter nicht umgesetzt hat. Der EuGH hatte im Juli entschieden, dass die Kammer gegen EU-Recht verstoße.
Angriff auf die Gerichte in Polen?
Die Disziplinarkammer steht im Zentrum der polnischen Justizreformen. Sie kann Richter bestrafen und entlassen. Die Mitglieder der Kammer werden vom politisch kontrollierten Landesjustizrat ernannt. Kritiker sehen darin einen Angriff auf die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit.
Macron und Duda berieten am Mittwoch auch über die Situation an der polnischen Grenze zu Belarus. Die beiden Präsidenten hätten darüber gesprochen, dass es notwendig sei, die äußeren Grenzen der EU in einer Weise zu schützen, die "effektiv ist und zugleich unsere Werte respektiert", erklärte der Elysée-Palast.
Der belarussische Präsident Lukaschenko nutzt Migration als Druckmittel gegen die EU. Polen hat eine Sperrzone an der Grenze errichtet, wo viele Geflüchtete schutzlos festhängen.
Polen plant befestigte Grenze zu Belarus
Polen plant den Bau einer befestigten Grenzanlage an der Grenze zu Belarus, um auf den Andrang von Flüchtlingen zu reagieren. Seit August haben tausende Migranten - meist aus dem Nahen Osten und Afrika - versucht, die polnische Grenze zu überqueren.
Warschau hatte in den vergangenen Wochen bereits Tausende Soldaten an der Grenze stationiert, einen Stacheldrahtzaun errichtet und einen Ausnahmezustand im Grenzgebiet verhängt.
Der belarussische Präsident Lukaschenko nutzt Migration als Druckmittel gegen die EU. Polen hat eine Sperrzone an der Grenze errichtet, wo viele Geflüchtete schutzlos festhängen.
EU vermutet Vergeltungsaktion
Die EU geht von einer Vergeltungsaktion des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko für Brüsseler Sanktionsbeschlüsse aus. Es wird vermutet, dass die belarussischen Behörden die Migranten gezielt ins Land holen und an die Grenzen zu den östlichen EU-Staaten schleusen.
Die französische Regierung warf der Familie Lukaschenkos einen "geschickt organisierten Menschenhandel" vor. Diese organisiere Reisen von Flüchtlingen an die Grenzen der EU zusammen mit Drittländern, erklärte Europa-Staatssekretär Clément Beaune. Das Ziel sei es, die EU "zu schwächen und zu spalten".
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