Achtzehn Monate Kampf gegen die Pandemie haben in Frankreich Spuren hinterlassen. Im April soll ein neuer Präsident gewählt werden. Aber die Gesellschaft ist gespalten.
Er werde bis zur letzten Minute sein Amt ausüben, versprach Emmanuel Macron schon mehrmals. Ohne jedoch klarzustellen, ob er Kandidat für eine Verlängerung seines Mandats im Elysée-Palast sein wird. Daran zweifelt allerdings niemand. Denn erst die Gelbwesten und dann die Corona-Pandemie haben Macron einen Strich durch viele seiner ambitionierten Reformpläne gemacht. Es gäbe "noch viel zu tun", betonte er erst kürzlich in einem Fernsehinterview beim Sender TF1.
Seine potenziellen Gegner für den ersten Wahlgang am 10. April 2022 stehen schon fest und führen bereits eifrig Wahlkampf. Von sich reden machen vor allem zwei Rechtspopulisten: Marine Le Pen, die Gegnerin Macrons im 2. Wahlgang vor fünf Jahren. Und der Polemiker Éric Zemmour mit ständigen Provokationen und fragwürdigen Aussagen, unter anderem zur französischen Geschichte.
- Wahlkampf in Frankreich
Der rechtsextreme Eric Zemmour hat seine Kandidatur zur französischen Präsidentschaftswahl offiziell verkündet. Gegen ihn tritt unter anderem die konservative Valérie Pécresse an.
Folgt Valérie Pécresse auf Emmanuel Macron?
Erst Anfang Dezember wurde Valérie Pécresse, die 54-jährige Präsidentin der Region Ile-de-France (Paris und Umgebung), von den Konservativen Les Républicains als Kandidatin ernannt. Sie startete in den Umfragen durch und erscheint vielen Beobachtern im Moment als die seriöseste Gegnerin für Emmanuel Macron.
Komplett zersplittert, mit mehreren rivalisierenden Kandidaten tritt dagegen die französische Linke an. In den Umfragen schafft es bis jetzt keiner der Kandidaten über 7 bis 8 Prozent - sei es der linkspopulistische Jean-Luc Mélenchon, der 2017 über 18 Prozent einfuhr, die sozialistische Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, oder der Grüne Yannick Jadot.
Frankreich übernimmt EU-Ratspräsidentschaft
In Hinsicht auf seine wahrscheinliche Kandidatur versucht Macron inzwischen, sein Image als Staatsmann und besonnener Leader in der Krise zu schärfen. Für beides kommt ihm die EU-Ratspräsidentschaft, die Frankreich ab heute für sechs Monate übernimmt, recht gelegen.
"Mit Covid und allem, was seit 2017 passiert ist, ist dieses Engagement etwas untergegangen“, fügte der Politologe Olivier Rouquan hinzu. "Er braucht also ein neues Mandat. Und die aktuelle Situation würde es Frankreich und Deutschland ermöglichen, ein neues europäisches Projekt aufzubauen."
In wenigen Tagen übernimmt Frankreich den EU-Vorsitz. Die Pläne von Präsident Emmanuel Macron: Reform des Schengenraums, engere Zusammenarbeit an den Außengrenzen und in der Flüchtlingspolitik, sowie Lockerung der EU-Haushaltsregeln.
Macron hofft auf deutsche Unterstützung
Von der neuen deutschen Regierung, von der mehrere Mitglieder in den letzten Tagen in Paris herzlichst empfangen wurden, erhofft Macron sich in der Tat Unterstützung für seine ehrgeizigen europäischen Pläne, die er Anfang Dezember in einer zweistündigen Pressekonferenz vorgestellt hat: mehr Solidarität, europäische Verteidigung, aber auch mehr Souveränität.
Kurz, ein Europa, mit dem auch die Gegner der Brüsseler Bürokraten besser leben könnten und das den euroskeptischen Rechtspopulisten etwas Wind aus den Segeln nehmen könnte.
Bei Scholz erstem Treffen als Kanzler mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ging es um Zusammenhalt und die Stärkung Europas.
Auch Corona hat Auswirkungen auf Wahl
Die große Unbekannte des kommenden Wahlkampfes bleibt aber, wie in den vergangenen 18 Monaten auch, die Pandemie. "Nach sehr schwierigen Anfängen, ist das Jahr 2021 eher gut gelaufen", urteilt Rouquan. "Die Umfragen zeigen keine Schwächung der aktuellen Regierung durch das Krisenmanagement."
Keine Wiederwahl in Frankreich seit 2002
Mit Sorge beobachtet man im Elysée also die Entwicklung der Pandemie und das neue Phänomen Omikron. Wenn bis jetzt massive wirtschaftliche Hilfen die Franzosen bei Laune gehalten haben, könnte ein erneuter Lockdown Anfang des Jahres vieles zunichtemachen.
Seit 2002, als Jacques Chirac sich gegen Jean-Marie Le Pen durchsetzte, ist keinem französischen Präsidenten mehr die Wiederwahl gelungen.
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