Der Grüne Robert Habeck will Kohle reaktivieren - und erntet dafür heftige Kritik von "Fridays for Future". Die Bundesregierung gebe sehenden Auges das 1,5 Grad-Ziel auf.
Russland stellt Deutschland nach und nach das Gas ab. Wirtschaftsminister Robert Habeck will Gas sparen und Kohle reaktivieren. Ist das Land vorbereitet auf den Winter?
Die Klimaaktivisten von "Fridays for Future" sind empört. Ausgerechnet der grüne Klimaschutzminister verkündet das Comeback der Kohle, um Gas zu sparen. Fridays for Future kritisiert, "dass die Bundesregierung sehenden Auges die Dörfer im Rheinland und damit die 1,5 Grad-Grenze aufgibt".
Anders als von Habeck behauptet, führe der Wiedereinstieg in die Kohle eben nicht nur zu einem "leichten" CO2-Anstieg. Kohle sei besonders klimaschädlich, so Fridays for Future. Sprecherin Annika Rittmann sagt im ZDF, Habeck müsse statt Kohle die erneuerbaren Energien ausbauen. Sie kritisiert:
Fridays for Future kritisiert den Plan Robert Habecks, Kohlekraftwerke zu reaktivieren. "Wir dürfen den Kohleausstieg nicht nach hinten verschieben", so Sprecherin Annika Rittmann.
FDP will auf Atomkraft setzen
Kritik an Habeck kommt auch vom eigenen Koalitionspartner. Es sei ja richtig, dass Gasspeicher zum Beispiel durch Kohleverstromung gefüllt werden müssten, so FDP-Generalsekretär Djir-Sarai. Allerdings hätte man diesen Schritt auch früher einleiten können, sagt er in Richtung Habeck:
Djir-Sarai fordert Habeck auf, in Deutschland verstärkt auf Atomkraft zu setzen. "Wichtig ist, die drei verbliebenen Kernkraftwerke länger laufen zu lassen. Das ist ein Fakt, den der Wirtschaftsminister nicht ignorieren kann."
Er gehe davon aus, dass Habeck sein Konzept vervollständige. Denn: Nur auf Kohlekraftwerke zu setzen, greife zu kurz - auch vor dem Hintergrund der Klimadebatte.
"Es ist so, dass es eine Art Armdrücken ist, wobei Putin erst einmal den längeren Arm hatte. Aber das heißt nicht, dass wir nicht durch Kraftanstrengung den stärkeren Arm bekommen können.", sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Söder: Klimapolitischer Rückschritt der Grünen
Ähnlich äußert sich auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU): "Es gibt keine Argumente, außer ideologische Basta-Argumente, die Kernkraft nicht zu verlängern", sagt er am Montag in München. Dass Habeck einseitig nur auf Kohle setze, sei klimapolitisch "ein totaler Rückschritt, gerade für die Grünen".
Die SPD lehnt Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken weiterhin ab, sagt Parteichef Lars Klingbeil. Damit deutet sich ein neuerlicher Streit in der Ampel an. Denn auch das von der FDP ins Gespräch gebrachte Fracking stößt bei der SPD auf Ablehnung.
In der Chemie- sowie in der Stahl- und Metallindustrie herrschen große Sorgen vor möglichen Folgen von Gaslieferungseinschränkungen. Viele Unternehmen fürchten steigende Preise und Produktionsausfälle. Wie kann der Gasverbrauch reduziert werden?
Habeck hält an Kohleausstieg 2030 fest
Habeck selbst verteidigt sich am Montag. Sein Ministerium halte wie im Koalitionsvertrag vereinbart am Kohleausstieg idealerweise bis 2030 fest. Über einen Sprecher teilt Habeck mit:
Das, was in den kommenden zwei Jahren durch die klimaschädliche Kohleverstromung mehr an CO2 entstehe, solle bis 2030 durch einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien kompensiert werden. Umweltverbänden wie Greenpeace reicht das aber nicht. Sie fordern den Kohleausstieg bereits vor 2030.