Am Wochenende beginnt der G7-Gipfel. Zwei Themen drängen in den Fokus: der Ukraine-Krieg und die wachsende Nahrungsmittelknappheit. Worauf es dabei ankommt - ein Überblick.
Seit Beginn des Krieges dominiert der russische Angriff auf die Ukraine internationale Gipfeltreffen, so auch den anstehenden G7-Gipfel im Elmau. Ursprünglich wollte die deutsche Präsidentschaft der G7 im Jahr 2022 den nachhaltigen Umbau der globalen Wirtschaft und den Multilateralismus in den Fokus stellen. Stattdessen muss Berlin die zahlreichen Maßnahmen der G7-Staaten und deren Partner*innen - Sanktionen, finanzielle Hilfe, militärische Unterstützung - koordinieren und wesentliche Ressourcen für die Bearbeitung der Krise aufbringen.
Zwischen der EU, der NATO und den G7 hat sich dabei eine Spezialisierung entwickelt: Brüssel stellt finanzielle Unterstützung bereit, konzentriert sich jedoch vor allem auf die Stärkung der ukrainischen nicht-militärischen Resilienz und die staatliche Stabilisierung. Der beschlossene EU-Beitrittskandidatinnenstatus Kiews ist ein bedeutender Schritt auf diesem Weg.
Die NATO koordiniert militärische Unterstützung und stärkt die Abschreckung Richtung Moskau. Die G7 bietet der Ukraine ebenfalls weitreichende finanzielle Unterstützung an - seit Jahresbeginn fast 20 Mrd. Dollar - konzentriert sich jedoch auf die negativen Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen auf die Weltwirtschaft und die Länder des Globalen Südens.
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Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärft den weltweiten Hunger
In diesem Rahmen rückt die zunehmende globale Lebensmittelkrise in den Fokus der G7, ausgelöst durch massiv steigende Preise. Diese werden durch drei Faktoren hervorgerufen:
- die durch Russland blockierten Agrarexporte aus der Ukraine
- der durch Sanktionen erschwerte Zugang russischer Agrarexporte zum Weltmarkt
- sowie die steigenden Kosten in der Produktion
1976 kam die Gruppe der Sieben das erste Mal in Puerto Rico zusammen. In welchem Kontext fand dieses "Kamin-Treffen" statt? Und mit welchem Ziel?
Ärmere Länder leiden unter den steigenden Preisen besonders. Die wirtschaftliche und technologische Entkopplung zwischen westlichen Staaten und Russland zwingt viele Staaten des Globalen Südens zudem in eine ökonomische Zwickmühle.
Insbesondere die westlichen Sanktionen drängen diese Länder zu einer Entweder-oder-Entscheidung zwischen Kooperation mit dem politischen Westen oder Russland. Neben der bröckelnden Reputation des politischen Westens ist dieser Faktor für die zurückhaltende Sanktionspolitik gegenüber Russland sowie die mangelnde Unterstützung für die Ukraine hauptsächlich verantwortlich.
Interview- Ende des Krieges? "In diesem Jahr nicht mehr"
Laut Ex-Nato-General Egon Ramms könnten nur westliche Waffenlieferungen den Krieg verkürzen. Dies sei unbedingt notwendig, denn Putin "vernichte" das ukrainische Volk.
G7: komplizierte Kooperationen
Auch dem politische Westen selbst erwachsen aus der zunehmenden Polarisierung der internationalen Gemeinschaft durch den russischen Krieg Herausforderungen. Um den politischen und wirtschaftlichen Druck auf Russland hochzuhalten, müssen die Staaten der G7 auch mit solchen Ländern kooperieren, die die westliche Position im Krieg nicht oder zumindest nicht eindeutig teilen.
Die Teilnahme Indiens, dessen Einladung zum G7-Gipfel aufgrund der Haltung Neu-Delhis zum Krieg zunächst zur Disposition stand, ist daher ein richtiger Schritt. Nur so können die G7-Staaten verhindern, dass Russland diese Meinungsverschiedenheiten nutzt, um die eigene Isolation zu verringern.
Gleichzeitig kann der Gipfel im Elmau so genutzt werden, um den anstehenden G20-Gipfel im Herbst in Indonesien vorzubereiten. Der Gipfel wird voraussichtlich das erste persönliche Aufeinandertreffen westlicher Regierungschefs mit Wladimir Putin nach dem Beginn des Kriegs.
Die deutsche Präsidentschaft muss daher ihre ursprünglichen Ziele mit der Bekämpfung der globalen Lebensmittelkrise verbinden. Nur so kann die G7 ihrer Verantwortung für die globale Nahrungsversorgung, den Umbau der globalen Wirtschaft und die Ukraine wahrnehmen. Die wichtigste Aufgabe wird es sein, die negativen humanitären und wirtschaftlichen Konsequenzen der Entkopplung Russlands vom politischen Westen für die Länder des Globalen Südens abzuschwächen.
Dazu muss sich die G7 zu einer verstärkten finanziellen Unterstützung bekennen, die sowohl die Effekte der Pandemie als auch des Krieges in den Blick nimmt. Zudem muss die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln auf den Weltmärkten verbessert werden, um die Preise im Zaum zu halten. Die Staaten der G7 können dazu ihre Vormachtstellung im IMF und im UN Welternährungsprogramm nutzen. Der wichtigste Schritt hierfür ist jedoch eine Aufgabe der russischen Blockade ukrainischer Exporte. Zur Erreichung dieses Ziel brauchen die Staaten der G7 die Unterstützung von Partner*innen, um Russland zu Zugeständnissen zu bewegen.