Gas-Versorgung: Worst Case "sieht leider sehr schlimm aus"
Interview
Netzagentur-Chef zu Gasknappheit:Worst Case "sieht leider sehr schlimm aus"
11.07.2022 | 10:06
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Der Nord-Stream-Gashahn ist vorläufig zugedreht. Sollte Russland nach den Wartungsarbeiten nicht mehr liefern, sähe es "sehr schlimm aus", so Bundesnetzagentur-Chef Müller im ZDF.
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, im Interview mit dem ZDF-Morgenmagazin.11.07.2022 | 6:13 min
Die Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 haben begonnen, die Gaslieferungen aus Russland nach Deutschland wurden gestoppt. Ob Russland nach Beendigung der Arbeiten wieder Gas liefern wird - darüber herrscht Unklarheit.
"Wir haben aus Russland ganz unterschiedliche Signale", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, im ZDF-Morgenmagazin. "Es gibt Sprecher des Kremls, die sagen, in Kombination mit der Siemens-Turbine, man könne wieder wesentlich mehr liefern. Es gab aber auch sehr martialische Ansagen aus dem Kreml. Ehrlich gesagt, es weiß keiner."
Auslastung wichtiger Pipelines pro Stunde
ZDFheute Infografik
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Sollte wirklich gar kein Gas mehr aus Russland kommen, befürchtet Müller eine schwierige Versorgungslage in Deutschland. Solch ein "worst case" "sieht leider sehr, sehr schlimm aus, muss man deutlich sagen", sagte er im ZDF. "Das heißt, in dem schlimmsten Fall, wenn also kein Gas mehr aus Russland käme."
Dabei komme es auch auf ein paar Parameter an: "Wie schnell sind wir mit den Flüssiggas-Terminals, die die Bundesregierung beschafft? Wie stark können wir selber Gas einsparen", zählt Müller auf. "Aber es gab mehrere Szenarien, nach denen wir in eine Gas-Notlage reinrutschen würden. Das hieße, es wäre zu wenig Gas da."
Darum muss jetzt alles dafür getan werden, das zu vermeiden - das liegt auch an uns.
Klaus Müller
"Es geht um zwei Dimensionen: Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit", so Verena Hubertz, stellv. SPD-Fraktionsvorsitzende, zum künftigen Umgang mit Gas-Versorgungsengpässen.11.07.2022 | 7:46 min
Müller appelliert: Gas einsparen
Spürbare Einschränkungen gebe es schon heute, so Müller. "Die Preise sind in der Industrie schon angekommen, bei den privaten Haushalten schlagen sie jetzt auch schon vereinzelt durch."
Müller appellierte an alle, Gas zu sparen. "Man muss die Lage genau beobachten, gleichzeitig aber alles dafür tun, jetzt schon Gas einzusparen, die Heizung zu optimieren, in der Familie zu diskutieren, in der Industrie sich vorbereiten."
Wir sind ja nicht ohnmächtig. Wir können ja etwas tun.
Klaus Müller
Füllstand der deutschen Gasspeicher
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Aus Sicht der Bundesnetzagentur gelte es auch, ein Nord-Süd-Gefälle in Deutschland bei der Gasversorgung zu verhindern. Daher würden die Speicher im Süden gezielt gefüllt.
Zur Debatte um eine längere Laufzeit der verbliebenen drei Atomkraftwerke sagte Müller, Deutschland habe ein Gas-Problem, ein Wärmeproblem. Gas werde als Grundstoff in der Industrie eingesetzt, "da helfen uns Atomkraftwerke gar nichts". Und auch bei der Erzeugung von Wärme hätten Atomkraftwerke nicht ihre Stärke.
In Mecklenburg-Vorpommern befürchtet man, dass nach den Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 kein Gas mehr aus Russland fließen wird. Den Hotels in der Region würde dann ein Gasengpass bevorstehen. 11.07.2022 | 2:00 min
Versorgungslage gefährdet
Unter anderem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Bedenken geäußert, dass Russland den Gashahn auch nach Abschluss der Wartung nicht mehr aufdrehen könnte. Das russische Staatsunternehmen Gazprom hatte die Liefermenge im Juni mit Verweis auf technische Probleme deutlich gedrosselt.
[Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog]
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine Ende Februar gilt die Versorgung Europas mit Gas aus Russland als gefährdet. Eine dauerhafte Abschaltung könnte laut Modellen der Bundesnetzagentur unter Umständen zu einem Gasmangel in Deutschland im Winter führen.
Wie viel Gas verbrauchen Haushalte und Industrie? Wie voll sind die Gasspeicher? Wie viel Gas bekommt Deutschland? Grafiken zur Gasversorgung in Deutschland.
von H. Koberstein, R. Meyer, N. Niedermeier, M. Zajonz