Gaskrise: "Schutzschirm" für Energieunternehmen?

    Regierungsplan in Gaskrise:"Schutzschirm" für Energieunternehmen?

    04.07.2022 | 20:56
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    In der Gaskrise plant die Regierung offenbar einen "Schutzschirm", um Energieunternehmen vor der Pleite zu retten. Schon bald könnte der gesetzliche Rahmen dafür stehen.

    Ein Arbeiter in der Gasanlage von Uniper in Kraiburg
    Uniper ist wegen der eingeschränken russischen Gaslieferungen in Turbulenzen geraten und hat nach Staatshilfen gerufen.

    Die Bundesregierung will einen "Schutzschirm" für strauchelnde Energieunternehmen schaffen und bereitet gesetzliche Änderungen vor, damit sich der Bund an Firmen beteiligen kann. In der Corona-Krise hatte der Bund die Lufthansa gestützt und sich an dem Konzern beteiligt.

    Ministerien und Kanzleramt sind sich wohl einig

    Die Ministerien für Wirtschaft, Finanzen und das Bundeskanzleramt einigten sich grundsätzlich auf einen Entwurf, wie es aus Regierungskreisen hieß. Zuerst hatte der "Spiegel" darüber berichtet.
    Ein Entwurf zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes lag mehreren Medien vor. Darin geregelt sind Finanzhilfen bis hin zur Übernahme von Firmenanteilen, um die Pleite eines Gasversorgers abzuwenden. Die Ampel-Fraktionen sollen voraussichtlich an diesem Dienstag darüber entscheiden.

    Bund will mehr Handlungsspielraum in Gaskrise

    Ziel sei es, den Handlungsspielraum der Bundesregierung zu erweitern. Aus den Kreisen hieß es weiter, mit vermutlich milliardenschweren Stabilisierungsmaßnahmen für Unternehmen wie Uniper sollten drastische Preissprünge für Gaskunden verhindert werden.
    Im Entwurf heißt es, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sollten Stabilisierungsmaßnahmen bei "Unternehmen der kritischen Infrastruktur" durch den Bund erleichtert werden - das zielt auf Energieversorger. Solche Maßnahmen kämen nur in Betracht, wenn sie von dem betroffenen Unternehmen beantragt werden.

    Uniper durch Gasdrosselung in Turbulenzen

    Russland hatte die Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 stark gedrosselt. Dadurch geriet Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. Die Bundesregierung hatte bestätigt, mit Uniper über Stabilisierungsmaßnahmen zu sprechen.
    Das Wirtschaftsministerium arbeitet nach Angaben einer Sprecherin "unter Hockdruck" an Lösungen. Ziel sei es, sich für eine weiter angespannte Lage auf den Energiemärkten zu wappnen. Die Sprecherin wies darauf hin, Uniper habe einen bestehenden Kreditrahmen über die Staatsbank KfW über zwei Milliarden Euro noch nicht gezogen.
    Uniper spielt als großer Gasimporteur eine zentrale Rolle für die deutsche Energieversorgung und beliefert viele Stadtwerke. Uniper kann aber derzeit Mehrkosten beim Einlauf von Gas nicht an die Kunden weitergeben - daraus entstünden signifikante finanzielle Belastungen, hatte das Unternehmen bekanntgegeben.

    Drohende Preissprünge beim Gas

    Der Staat könnte nun Uniper finanziell unter die Arme greifen. Dies wurde in Koalitionskreisen als erste Option bezeichnet. Die andere Möglichkeit wäre, dass die Gaskunden Preissprünge zahlen - dies könnte aber zu drastischen Preiserhöhungen für Verbraucher führen.
    Das bestehende Energiesicherheitsgesetz ermöglicht ein "Preisanpassungsrecht" für Versorger. Dazu muss die Bundesnetzagentur eine "erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen" formal feststellen - das ist noch nicht geschehen. Wird der Mechanismus aktiviert, könnten Versorger ihre Mehrkosten an ihre Kunden weitergeben.
    "Die Verbraucher werden die sehr stark steigenden Gaspreise erst im Winter merken" mit "bis zu 400% Preissteigerungen", so Prof. Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung.01.07.2022 | 4:49 min
    Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte vor einer möglichen "Preisexplosion" gewarnt. Um Preissprünge gerechter auf die Verbraucher zu verteilen, arbeitet die Regierung an einem Umlagesystem.

    Sorge, dass Russland das Gas komplett abdreht

    Die Probleme von Energieunternehmen könnten sich noch verschärfen, denn am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Dann fließt kein Gas durch die Pipeline. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht.
    Die Bundesnetzagentur schrieb am Montag in ihrem Lagebericht, die Gasversorgung sei im Moment stabil. Es werde weiterhin Gas eingespeichert. Die aktuellen Füllstände der Speicher liegen demnach bei 61,85 Prozent.
    Quelle: dpa

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