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Gasumlage-Debatte bei "Lanz" : "Sehenden Auges in die soziale Katastrophe"

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Angesichts der Gasumlage warnt der Ökonom Marcel Fratzscher bei "Markus Lanz" vor einer "sozialen Katastrophe". Die Journalistin Anja Maier fürchtet deren Spaltpotenzial.

Zum Krieg in Osteuropa und dessen energie- und wirtschaftspolitischen Auswirkungen auf Deutschland - Sehen sie hier die ganze Folge "Markus Lanz" vom 30.08.2022.

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76 min
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"Hier werden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert. Das ist nicht vereinbar mit einer Marktwirtschaft." Mit diesen Worten kritisierte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, am Dienstagabend bei Markus Lanz die von der Ampel-Regierung beschlossene Gasumlage.

Sie soll die immens hohen Beschaffungskosten für angeschlagene Gas-Importeure wie Uniper ausgleichen - und sich aus dem Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher finanzieren. Letzteres sorgte dieser Tage für großen Unmut, als auch Unternehmen Anspruch auf die Gasumlage anmeldeten, die sich in keiner finanziellen Schieflage befinden.

Fratzscher: Müssen alle haften

Für "außerordentliche Verluste, die Uniper und andere machen, müssen wir jetzt alle haften", während "außerordentliche Gewinne" anderer Energieunternehmen nicht sozialisiert, sondern in privater Hand verbleiben würden, sagte Fratzscher und kritisierte diesen "grundlegenden Widerspruch".

"Es besteht ein Problem. Wir alle haften dafür, aber wenn ein Unternehmen erfolgreich ist - auch, wenn es nicht die eigene Leistung ist - dann ist es privatisiert. Das geht in einer sozialen Marktwirtschaft nicht." Zwar sei es "durchaus richtig" gewesen, dass der Staat sich entschieden habe, Uniper zu retten, so Fratzscher.

Gasspeicher der Stadtwerke Kiel, Archivbild

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von Ralph Goldmann

Gasumlage hat "Potenzial, die Gesellschaft zu spalten"

Dennoch gehe es nicht, dass "wir als Privatpersonen" für ein gescheitertes Unternehmen haften müssten. Alternativ hätte die Bundesregierung Uniper "zu einem größeren Teil" verstaatlichen können - ähnlich wie bei Lufthansa in der Corona-Pandemie. Im Augenblick bestehe stattdessen eine "Einbahnstraße", in der "Konsumenten und Konsumentinnen zahlen".

Eine Einbahnstraße, die bei der Journalistin Anja Maier eine Befürchtung hervorrief: "[Die Gasumlage] hat das Potenzial, die Gesellschaft zu spalten." Das fange damit an, dass Leute, die mit Gas heizen, von der Gasumlage betroffen seien und andere nicht. Damit sei man - je nach Art der Heizung - "abhängig von seiner Vermieterin, seinem Vermieter", so Maier.

Maier: Gefühl von Ungerechtigkeit

Man würde die Bevölkerung mit einem "Gefühl von Ungerechtigkeit" triggern, damit, "dass sie an den Verhältnissen nichts ändern können". Das Projekt der Gasumlage sei "gut gemeint", greife jedoch nicht. Markus Lanz merkte an, dass 90 bis 95 Prozent des Geldes der Gasumlage "tatsächlich denen zugutekommen (…), die es wirklich brauchen". Nur der "ganz kleine Teil" gehe an Konzerne, die in gar keiner Schieflage seien.

Das sei "trotzdem immer noch viel zu viel", entgegnete Maier. Ein demokratischer Staat, "eine Fortschritts-Regierung, wie sie sich selber nennt", könne das nicht dulden. Fratzscher ergänzte, dass bei den Gaspreisen außerdem das "Ende der Fahnenstange" noch nicht erreicht sei.

Fratzscher: Preise werden steigen

Denn: "Die Kosten, die die Importeure haben, sind noch nicht richtig weitergegeben worden. (…) Weil die Preise häufig erst rückwirkend - basierend auf dem letzten Jahr - festgesetzt werden, werden wir über die nächsten zwei Jahre noch Steigerungen sehen." Fratzscher verwies diesbezüglich auf mehrere Probleme.

Unter anderem würden Menschen mit wenig Einkommen einen viel höheren Anteil ihres monatlichen Einkommens für die Dinge, die teurer geworden sind, ausgeben und damit eine "individuell viel höhere Inflation" erfahren. 40 Prozent der Deutschen hätten außerdem keine Ersparnisse.

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Marcel Fratzscher, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

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