Grünen-Chef verteidigt Gasumlage und Mehrwertsteuersenkung
Grünen-Chef zur Steuersenkung:"Der Weg mag wirken wie eine Krücke"
von Torben Schröder
19.08.2022 | 00:34
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Für CDU-Vize Spahn gleicht die Bürokratie der Gasumlage einer "Chaosumlage". Grünen-Chef Nouripour verteidigt bei "illner" das Ampel-Konzept. Wichtig sei, was am Schluss rauskommt.
Drei Dinge braucht es in diesem Winter, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur: Gas muss eingekauft, gespeichert und eingespart werden. Während Energiepreise und Temperaturen in die Höhe schnellen, Flüsse und Sparbücher sich im Gleichschritt leeren, stellt sich die Frage nach Entlastung, die zugleich den Beziehern kleiner und mittlerer Einkommen, der Wirtschaft und dem Klima gerecht werden.
In dieser Gemengelage argumentiert die nach der Sommerpause äußerst streitlustige Runde in der ZDF-Sendung "maybrit illner" streng tagespolitisch.
Nouripour: "Der Weg mag wirken wie eine Krücke"
Zu Beginn fällt wieder der Begriff "systemrelevant", der immer dann zum Zuge kommt, wenn Steuergeld sehr punktuell an Unternehmen fließt. Im aktuellen Fall geht es für Grünen-Parteichef Omid Nouripour um die Einkäufer und Verteiler von Gas:
Wenn sie pleite gehen, kollabiert das System.
Omid Nouripour, Co-Vorsitzender der Grünen
So weit reicht der Konsens am Tisch, aber kaum weiter.
Ein drittes Paket mit Entlastungen kündigt Nouripour an. Ende des Jahres müsse man in der Ampel-Koalition auch über das Thema Schuldenbremse reden. "Wir müssen Klimaeffekte einbauen in alles, was wir tun", fordert der Grünen-Chef. Wie passt es da, dass erst eine Umlage für steigende Gaskosten und nun eine Mehrwertsteuersenkung für das Gegenteil sorgen soll?
Der Weg mag wirken wie eine Krücke. Entscheidend ist, was hinten rauskommt, und das ist eine Entlastung.
Omid Nouripour, Grünen-Co-Chef
Der Chef der Bundesnetzagentur hat das Inkrafttreten des Gas-Notfallplans begrüßt. 09.08.2022 | 5:17 min
Spahn: Gasumlage wird zur "Chaosumlage"
"Wir bauen eine Wahnsinnsbürokratie auf, um die Umlage umzusetzen, und entlasten mit einer ähnlichen Bürokratie dieselbe Gruppe. Diese Rettung hätte man gleich aus dem Bundeshaushalt organisieren können," so Jens Spahn (CDU)
Der Preisdruck ist einer der härtesten Sparanreize, die es bei uns gibt.
Klaus Müller, Bundesnetzagentur-Chef
"Wir sehen, dass es in der Industrie seit einigen Monaten wirkt. Bei den privaten Haushalten passiert das jetzt gerade", sagt Müller.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn kritisiert im ZDF die Regierung für die geplante Gasumlage. 17.08.2022 | 5:04 min
Wissler fordert Gaspreisdeckel
Mit der Forderung, einen Energiegrundbedarf zu stabilen Preisen anzubieten, aus sozialen und klimabezogenen Gründen, rennt Spahn bei der Linken-Parteichefin Janine Wissler offene Türen ein. Mit der Gasumlage würden wieder Kosten auf die Verbraucher abgewälzt. Wissler kritisiert:
Was die Ampel macht, ist sozial unausgewogen.
Janine Wissler, Linken-Chefin
Und nennt das, was auch Spahn fordert, einen Gaspreisdeckel mit kostengünstigem Grundkontingent. Sie spricht sich für eine Übergewinnsteuer aus.
Arbeitgeber-Bundesvize vergleicht Linke mit AfD
Erstaunliche Allianzen wirft Arndt Kirchhoff der Linken vor. Der Unternehmer und Arbeitgeber-Bundesvize fordert, zugleich die Bürger zu entlasten und die Konjunktur am Laufen zu halten. "Die Unternehmen haben nur Kostensteigerungen, an die hat noch keiner gedacht", sagt Kirchhoff.
Wenn wir nichts tun, werden viele Unternehmen aufgeben müssen.
Arndt Kirchhoff, Arbeitgeberverband
Dass die Linke zu sozialen Protesten aufruft, kritisiert Kirchhoff scharf: "Sie treiben einen Spalt in die Gesellschaft. Wollen Sie am Montag auch noch die AfD auf der Straße treffen? Ich appelliere an den Zusammenhalt der Gesellschaft und gehe davon aus, dass die demokratischen Parteien dabei mitmachen."
Der Ukraine trotz hoher Energiepreise helfen? Für viele keine einfache Frage. Anhänger von AfD und Linke scheinen besonders zurückhaltend. Doch sind sie deshalb "Putin-Versteher"?
Von Hirschhausen kritisiert Investitionen in fossile Infrastruktur
Kontrovers diskutiert wurde auch das Thema Übergewinnsteuer. Nouripour will in der Koalition darüber reden, Wissler findet sie notwendig, Kirchhoff nennt die Debatte populistisch und ist ebenso wie Spahn der Meinung, man könne einen Übergewinn gar nicht rechtssicher definieren.
Den Blick ins Grundsätzliche richtet der Moderator und Arzt Eckart von Hirschhausen: "Gas ist eine extrem dreckige Art, Energie zu erzeugen. Wir sollten dringend darüber reden, wie die Bürger im Winter eine warme Bude haben - und dass es viel zu heiß ist. Was wir jetzt in fossile Energien investieren, wird uns teuer zu stehen kommen."
Was werden diese Kinder uns allen in 30 Jahren weniger verzeihen, temporär gestiegene Energiepreise oder für immer gestiegene Meeresspiegel?