Joachim Gauck spricht sich vehement für Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aus. Er selbst schreckt vor einem Einsatz nicht zurück, nicht immer sei Pazifismus gut.
Joachim Gauck spricht mit Blick auf den Ukraine-Krieg sowie die Wirtschafts- und Sicherheitslage über die globale Rolle Deutschlands und seine Erfahrungen mit Wladimir Putin.
Angriff auf Berlin - angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine konfrontierte Markus Lanz den ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck mit diesem Szenario: "Sie als jemand, der als Pfarrer gearbeitet hat, würden Sie zur Waffe greifen, würden Sie auf jemanden schießen?"
"Ich würde mir wünschen, es nicht tun zu müssen", betonte Gauck, "aber in einem solchen Fall würde ich es tun." Denn:
Gauck will nicht vor dem Gewissenlosen kapitulieren
Der "Gewissenlose" würde sich nicht fragen, ob es recht sei, "die Waffe zu nehmen, um seine Ansprüche durchzusetzen", die "Gewissenhaften" hingegen schon. Gaucks Standpunkt:
Seitenhieb gegen Precht
Im Appell "Waffenstillstand jetzt!" fordern mehrere prominente Intellektuelle wie der Philosoph Richard David Precht und die Autorin Juli Zeh den Westen auf, den Ukraine-Krieg durch Verhandlungen zu beenden. Gauck betonte, dass er "dezidiert anderer Meinung als Precht" sei.
Gegenüber dem Appell der Intellektuellen habe Gauck "zwei unangenehme Gefühle". Schon bei dem ersten offenen Brief der Unterzeichner des Appells sei es so gewesen, "dass wir uns anmaßen, den Ukrainern zu sagen, was sie als Betroffene und Opfer richtigerweise tun sollten (…) - doch lieber jetzt stillzuhalten und sich nicht in der von ihnen gewollten Weise zu verteidigen".
Gauck fehlt Zielperspektive bei Wunsch nach Verhandlungen im Ukraine-Krieg
Demnach würde zum einen die "Perspektive der Opfer" fehlen, was Gauck "enorm" missfalle. Zum anderen beklagte er das Fehlen einer "Zielperspektive":
Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Richard David Precht spricht mit Markus Lanz darüber, ob Waffenlieferungen der Ukraine helfen oder nicht.
Gauck sieht Verrat der Wertebasis
Der schwächere Verhandlungspartner müsse aus einer "Position von Respekt" verhandeln können. Diesen würde er gewinnen, indem er dem Gegner Niederlagen beibringen könne. Daher sei der "Verzicht auf Waffenlieferungen (…) eine Begünstigung des Aggressors", so Gauck.
Lanz stellte an dieser Stelle klar, dass die Unterzeichner des Appells "Waffenstillstand jetzt!" nicht prinzipiell fordern würden, keine Waffen zu liefern. Gauck beharrte:
"Wenn die Gewissenhaften aus Scheu vor dem Verteidigungshandeln (…) sagen: 'Nein, ich mache mir die Finger nicht schmutzig', dann verraten sie die Wertebasis, die ihnen aber eigentlich das Leben doch so ermöglicht hat, wie sie es gerade leben."
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Gauck zu Ukraine-Krieg: Aggressor und Opfer
Außerdem sei die "Konstellation" im Ukraine-Krieg "klar wie selten zuvor": "Es gibt ein Schwarz und ein Weiß. Es gibt hier einen Aggressor und es gibt ein Opfer. (…) So zu tun, als würden wir äquidistant zwischen diesen beiden Parteien stehen - das ist eine ganz schlimme Verzerrung unserer Wahrnehmung." Und weiter:
Statistisch gäbe es gar "immer noch eine Mehrheit der Deutschen, die für Lieferung schwerer Waffen ist und für eine Stärke". Das könne sich wieder wandeln, jedoch seien die Deutschen "im Moment weniger von Angst geplagt". Was "erstaunlich" sei, seien sie in der Welt doch für "German Angst" bekannt.
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