In dem von der radikal-islamischen Hamas kontrollierten Küstenstreifen Gaza, zwischen Israel und Ägypten, werden Frauen systematisch unterdrückt. So auch die 19-jährige Afaf.
Afaf Al-Najar wartet vor einem Supermarkt. Die 19-Jährige fällt auf unter den vielen vollverschleierten, schwarz gekleideten Frauen. Auch Afaf trägt Kopftuch, aber unter ihrem offenen, eleganten Mantel trägt sie eine moderne Hose und hohe Schuhe. Sie weiß, dass sie die Blicke der Männer auf sich zieht, wenn sie selbstbewusst die Straße entlang schlendert.
Afaf will provozieren und damit etwas verändern. Denn sie weiß, dass sie den Gazastreifen so schnell wohl nicht verlassen wird:
Gesetz der Hamas schränkt Frauen ein
Eigentlich wollte Afaf in der Türkei Medien- und Kommunikationswissenschaft studieren, hatte sogar ein Stipendium. Im September 2021 steht sie an der Grenze zu Ägypten, im Süden von Gaza. Aber sie kommt nicht raus: Ihr Vater hat ihr ein Reiseverbot auferlegt. Er nutzt ein neues Gesetz der Hamas. Ein männlicher Verwandter kann jederzeit mit einem Antrag vor Gericht die Ausreise einer Frau verhindern, wenn durch die Reise ein "absoluter Schaden" entstehe.
Die Gesetze macht die in Deutschland als Terrororganisation eingestufte Hamas. Nachfrage bei Basem Naim, einem hohen Parteifunktionär. Er erklärt: Vor dem palästinensischen Gesetz seien Mann und Frau gleichgestellt: "Nur das Personen- und Familienrecht ist nach der Scharia gestaltet. Das hat nichts damit zu tun, dass Männer oder Frauen einen höheren Wert haben, das hat etwas zu tun mit der sozialen Vision der Palästinenser."
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Fehlende Gleichberechtigung
Doch schaut man sich im öffentlichen Leben um, dominieren Männer das Straßenbild – eine patriarchale Gesellschaft. Frauen verbannt im Haushalt am Herd, zum Kinderkriegen.
Und trotzdem: Es haben mehr Frauen Hochschulabschlüsse als Männer, erklärt Zainab Al-Ghonaimi, eine Anwältin, die sich auf Familienrecht spezialisiert hat. Sie sei die einzige Frau in Gaza, so erzählt sie, die vor dem Scharia-Gericht auch ohne Kopftuch erscheinen dürfe. Nur ohne Kopftuch könne sie ihre Resistenz gegen ein System zeigen, das sich erst dann verändern kann, wenn Gesetzgebung von Religion getrennt wird.
Bei dem Thema kommt der Hamas-Funktionär, der sichtlich genervt ist von den vielen Fragen über die Rechte von Frauen, in Erklärungsnot: Hijab zu tragen oder auch nicht, sei eine freie Entscheidung. Mit einer Ausnahme: "Wenn der Arbeitgeber spezielle Kleidung fordert. Das hat nichts mit Religion zu tun. Auch im Krankenhaus oder auf dem Feld trägt man eine bestimmte Uniform."
Kopftuch-Vorschriften für Frauen
Die Hamas hat in den vergangenen Jahren mit gezielten Kampagnen Schülerinnen und Studentinnen aufgefordert, Hijab zu tragen. Viele Bildungsinstitutionen dürfen ohnehin nur von Frauen mit Kopftuch betreten werden. Für Afaf ist das nur schwer verständlich: "Frauen müssen in der Uni Hijab tragen und draußen ziehen sie es wieder ab?"
Die 19-Jährige, die nicht zum Studieren ins Ausland darf, will weiterhin offen für ihre Rechte einstehen. Angst vor Repression habe sie keine.
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