Die Folgen von Putins Gas-Dekret sind noch nicht ganz abzuschätzen, da kommt schon die nächste Wendung aus Moskau: Gazprom gibt seine deutsche Gas-Tochter auf.
Überraschender neuer Schritt von Russland: Der Staatskonzern Gazprom trennt sich von seiner deutschen Tochter Gazprom Germania. Welche Folgen das für die Gasversorgung in Deutschland hat, war zunächst völlig offen. Laut Bundesnetzagentur war die Gasversorgung in Deutschland am Freitag stabil.
"Am 31. März beendete die Gazprom-Gruppe ihre Beteiligung an dem deutschen Unternehmen Gazprom Germania GmbH und allen ihren Vermögenswerten, einschließlich Gazprom Marketing & Trading Ltd.", teilte der russische Konzern am Freitag auf seinem Telegram-Kanal mit. Weitere Details wurden nicht genannt. Von Gazprom Germania gab es zunächst keine Stellungnahme.
Gazprom-Tochter hält weitere Unternehmen im Gashandel
Die Gazprom Germania GmbH mit Sitz in Berlin ist nach eigenen Angaben ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des russischen Energiekonzerns Gazprom. Gazprom Germania ist wiederum Eigentümerin weiterer Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft. Dazu gehören etwa die Handelsgesellschaften Wingas und WIEH, das Unternehmen Astora, das den größten Gasspeicher Deutschlands in Rehden betreibt, und eine Minderheitsbeteiligung am Transportunternehmen Gascade.
Über die Strategie hinter dem Abstoßen von Gazprom Germania könne man nur spekulieren, sagte der Gasmarktexperte Fabian Huneke vom Beratungsunternehmen Energy Brainpool der dpa.
Aufhebung von Importverträgen über Vehikel Insolvenz?
Denn Gazprom Germania halte über die beiden Töchter Wingas und WIEH einen Großteil der Importverträge in der Hand. Die noch bestehenden Importverträge würden Gazprom Export aktuell noch an Währung, Preis und Menge binden.
Westliche Staaten wie Deutschland müssen ab heute Konten bei der Gazprombank eröffnen, um weiter Gas zu erhalten. Andernfalls würden die Lieferungen für "unfreundliche Länder" eingestellt, hatte Präsident Wladimir Putin angekündigt. Gemeint sind westliche Länder, die wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine Sanktionen gegen Russland verhängt haben.
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Im Machtspiel um Energie aus Russland hat Präsident Putin einen neuen Schachzug gemacht: Ohne russisches Konto kein russisches Gas. Was bedeutet das und wie reagiert der Westen?
Die Staaten müssen demnach über die Konten, die einen Bereich für Valuta - also Euro oder Dollar - und einen für Rubel haben, eine Zahlung in russischer Währung sicherstellen. Es könnten weiter Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die Gazprombank tausche das Geld dann in Rubel und überweise den Betrag an Gazprom.
Berlin beharrt auf Gasverträge mit Moskau
Die Bundesregierung beharrt darauf, Zahlungen müssten wie vereinbart in Euro oder Dollar erfolgen. Die genauen Auswirkungen der geänderten Modalitäten blieben trotz zunächst weiterlaufender Lieferungen unklar. Analysten in Moskau gehen davon aus, dass das System erst im April und Mai zur vollen Wirkung kommt. Fachleute erwarten aber keine große Konsequenzen für deutsche Firmen.
In der deutschen Wirtschaft gibt es weiterhin große Befürchtungen, die Bundesrepublik könnte im Fall eines Lieferstopps in eine schwere Krise stürzen. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte am Mittwoch die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die erste von drei Stufen. Damit soll die Vorsorge für einen Lieferstopp gestärkt werden. An Verbraucher und Firmen ging der Appell, Energie zu sparen.
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