Gefangenenaustausch:Putin-Vertrauter darf aus Ukraine ausreisen
22.09.2022 | 13:37
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Bei einem umfangreichen Gefangenenaustausch darf auch der ehemalige ukrainische Abgeordnete Viktor Medwedtschuk ausreisen - ein einflussreicher Putin-Vertrauter.
Medwedtschuk war viele Jahre einer der einflussreichsten Politiker in der Ukraine gewesen und gilt zugleich als engster Verbündeter von Russlands Präsident im Land (Archiv).
Quelle: Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa
Es war einer der größten Gefangenenaustausche zwischen der Ukraine und Russland seit Beginn des Krieges: Wie das Präsidialamt in Kiew verkündete, wurden in der Nacht zum Donnerstag 215 gefangene Ukrainer freigelassen, Russland erhielt im Gegenzug 55 Gefangene. Unter ihnen: Viktor Medwedtschuk. Allein mit ihm habe man die Freilassung von 200 ukrainischen Gefangenen erreicht, so Kiew.
Medwedtschuk gilt als enger Vertrauter Putins
Tatsächlich gilt der ehemalige ukrainische Abgeordnete als enger Vertrauter von Wladimir Putin - nach seinen Angaben ist der russische Präsident Patenonkel seiner jüngsten Tochter. Mehr als 20 Jahre lang verfolgte er als Geschäftsmann und Politiker die Interessen des Kreml in der Ukraine.
Die Freundschaft zu Putin habe sich "über 20 Jahre hinweg entwickelt", sagte er 2021 der US-Publikation "Time Magazine".
Ich will nicht sagen, dass ich diese Beziehung ausnutze, aber sie ist Teil meines politischen Arsenals.
Viktor Medwedtschuk 2021 im "Time Magazine"
Putin und Medwedtschuk sollen sich Anfang der 2000er Jahre kennengelernt haben. Ex-KGB-Mann Putin war gerade zum Präsidenten gewählt worden. Medwedtschuk, der ein inoffizieller Mitarbeiter des KGB gewesen sein soll, war Stabschef des ukrainischen Präsidenten.
Die Ukraine meldet den Austausch Hunderter Gefangener. 215 Personen seien aus russischer Haft freigelassen worden, darunter auch Kommandeure der Verteidiger von Mariupol.
Vorwurf wegen Wahlbetrugs
In dieser Position wurde er beschuldigt, 2004 massiven Wahlbetrug zugunsten des prorussischen Kandidaten Viktor Janukowitsch organisiert zu haben. Die Vorwürfe führten zur sogenannten Orangenen Revolution. Medwedtschuk zog sich in der Folge aus der ersten Reihe der Politik zurück, blieb als einer der reichsten Männer des Landes jedoch höchst einflussreich. Das "Forbes Magazine" schätzte das Vermögen des gelernten Anwalts im vergangenen Jahr auf 620 Millionen Dollar.
Ende 2013 entbrannten in Kiew erneut prowestliche Massenproteste und stürzten den seinerzeit amtierenden Präsidenten Janukowitsch. Kurze Zeit darauf annektierte Russland die Krim, es folgte der Krieg zwischen der ukrainischen Armee und den von Moskau unterstützten Separatisten im Osten des Landes. Medwedtschuk nutzte die Ereignisse für eine Rückkehr in die Politik.
Anklage wegen "Hochverrats"
Seine Partei "Oppositionsplattform - Für das Leben" wird offen von Russland unterstützt. 2019 wurde sie zweitstärkste Kraft hinter Selenskyjs Regierungspartei. Mit zunehmenden Spannungen zwischen Kiew und Moskau wurde aber auch für Medwedtschuk die Luft dünner.
Im Frühjahr 2021 erließ Selenskyj ein Verbot für Fernsehsender eines pro-russischen Abgeordneten, die mutmaßlich von dessen Kollegen Medwedtschuk kontrolliert wurden. Die Behörden beschlagnahmten auch Eigentum der Familie des Millionärs, darunter eine Öl-Pipeline, die russisches Öl nach Europa bringt.
Den Einmarsch Russlands in die Ukraine nutzte er, um unterzutauchen - im April wurde er gefasst. Im Mai folgte die Anklage wegen "Hochverrats". Kiew wirft Medwedtschuk illegale Immobiliengeschäfte auf der Krim, Investitionen zugunsten pro-russischer Separatisten und den Verrat von Militärgeheimnissen vor. Die Behörden stellten ihn unter Hausarrest.
Während russischen Einmarsches untergetaucht
Medwedtschuk selbst weist die Vorwürfe zurück, prangert politische Verfolgung an und wirft Selenskyj vor, eine Diktatur aufzubauen.
Selenskyj-Berater Serhij Leschtschenko sagte im Frühjahr:
Medwedtschuk war der Vize-Putin, sein Vertrauensmann.
Er "war sein Auge und Ohr in der Ukraine und verbreitete Moskaus Botschaft (mit seinen Medien)", so der Berater. Anweisungen und Ressourcen habe Medwedtschuk direkt aus Moskau erhalten.
Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe hilft Menschen in der Ukraine und auf der Flucht. Gemeinsam sorgen die Organisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie Katastrophenhilfe und UNICEF Deutschland für Unterkünfte und Waschmöglichkeiten, für Nahrungsmittel, Kleidung, Medikamente und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Auch psychosoziale Hilfe für Kinder und traumatisierte Erwachsene ist ein wichtiger Bestandteil des Hilfsangebots.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.