Georgien steht einmal mehr vor politisch unruhigen Zeiten. Die Opposition spricht von Wahlfälschung und fordert eine neue Abstimmung. Wie geht es nun weiter?
Nach der Parlamentswahl in der Schwarzmeer-Republik Georgien droht dem Land ein schwerer politischer Konflikt. Die Opposition erklärte am Sonntag, das Wahlergebnis wegen Fälschungen nicht anzuerkennen und forderte Neuwahlen. Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission lag die Regierungspartei Georgischer Traum nach Auszählung fast aller Wahllokale mit 48,1 Prozent der Stimmen vorn. Dahinter folgte demnach die größte Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung mit nur 27,1 Prozent.
Opposition protestiert
Am Nachmittag kam es zu Protesten der Opposition. Hunderte Menschen versammelten sich dabei vor dem Parlament in der Hauptstadt Tiflis. Die Polizei sicherte das Gebäude. Zunächst gab es keine Berichte über größere Zwischenfälle. Redner der Opposition sprachen georgischen Medien zufolge von Fälschungen bei der Wahl und beklagten: "Der Georgische Traum hat rote Linien überschritten."
Schon kurz nach Schließung der Wahllokale am Samstagabend reklamierten beide politischen Lager den Wahlsieg für sich. Der Chef der Regierungspartei, der Multimilliardär Bidsina Iwanischwili, sagte georgischen Medien zufolge, seine Partei habe "die Wahlen zum dritten Mal in Folge gewonnen". Der Georgische Traum war bereits aus den Abstimmungen in den Jahren 2012 und 2016 als Sieger hervorgegangen.
Saakaschwili: An keinem Amt interessiert
Dagegen sprach der in seiner Heimat per Haftbefehl gesuchte Ex-Präsident Michail Saakaschwili von einem Triumph der Opposition. Die Oppositionsparteien müssten "nun eine Regierung der nationalen Einheit bilden". "Oder wir verlieren das Land." Eigene politische Ambitionen habe er nicht: "Mich interessiert kein einziges Amt, das Amt des Ministerpräsidenten Georgiens eingeschlossen."
In Georgien sind mehr als 3,5 Millionen Menschen zur Wahl eines neuen Parlaments aufgerufen. In den Umfragen liegt die proeuropäische Regierungspartei "Georgischer Traum" vorn.
Iwanischwili und Saakaschwili dominieren seit Jahrzehnten die Politik des in die EU und Nato strebenden Landes. Der in der Ukraine lebende Saakaschwili war von 2004 bis 2013 Präsident Georgiens gewesen. International bekannt wurde der 52-Jährige, als er 2008 Georgien in den August-Krieg gegen Russland führte. Nach seiner Abwahl wurde er zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Amtsmissbrauchs verurteilt.
Langes Warten auf erste Ergebnisse
Iwanischwili steht in der Kritik, Korruption zu begünstigen. "Jetzt ist nicht die Zeit, beiseitezutreten", sagte Saakaschwili. Die Oppositionspolitikerin Chatia Dekanoidse sagte:
Das Misstrauen der Opposition wurde auch deshalb verstärkt, weil in der Nacht lange keine ersten offiziellen Ergebnisse vorlagen. Mehrere Oppositionsparteien hatten sich vor der Abstimmung zu einem Bündnis zusammengeschlossen, um eine weitere Regierung unter dem Georgischen Traum zu verhindern. Mehr als 3,5 Millionen Menschen waren zu der Abstimmung aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag offiziellen Angaben zufolge bei 56,1 Prozent.
OSZE: Keine gravierenden Verstöße
Die internationalen Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sahen keine gravierenden Verstöße. Es bleibe aber dennoch "viel zu tun, um eine solide Grundlage für demokratische Wahlen zu schaffen", hieß es in einer Mitteilung. Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili sprach von "friedlichen, fairen und demokratische Wahlen". 48 Parteien und zwei Wahlblöcke waren angetreten.