Angesichts von Krieg und Energiekrise verteidigt Anton Hofreiter den politischen Kurs seiner Partei. Schriftsteller von Schirach spricht von einem neuen "Typus von Politikern".
Zum Ukraine-Krieg, der Energie- und Finanzpolitik der Bundesregierung und den anhaltenden Differenzen innerhalb der Ampelkoalition - die gesamte "Markus Lanz"-Sendung vom 25. August.
Die Grünen ringen mit sich. Angesichts der Energiekrise sprach sich ausgerechnet der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck für die vorübergehende Wiederinbetriebnahme der Kohlekraftwerke aus, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Gas zu sparen. Wo die einen Wankelmut unterstellen, spricht Anton Hofreiter von "Realitätsanpassung". Der Schriftsteller Ferdinand von Schirach konfrontierte ihn am Donnerstagabend bei Markus Lanz mit seiner Analyse:
Er müsse "sich aber wie viele [seiner] Parteimitglieder jetzt einfach anpassen".
Die Grünen seien in ihren Gründungsjahren "eine komplett andere Partei" gewesen und "aus Protest entstanden", erklärte von Schirach, um daraufhin die Gegenwart in den Blick zu nehmen. "Jetzt ist das passiert, was (…) Politik wirklich ausmacht - die normative Kraft des Faktischen: Wenn sich die Tatsachen ändern, muss sich die Meinung ändern und die Handlung ändern."
Ferdinand von Schirach beschreibt bei Markus Lanz einen neuen Politiker-Typus, der durch eine Ambivalenz gekennzeichnet sei. Diese Form habe es zuvor in der Politik nicht gegeben.
Von Schirach: Habeck "vollkommen neuer Typus"
Eine Aussage, die Anton Hofreiter nickend zur Kenntnis nahm. Von Schirach sagte, dass innerhalb der Grünen aktuell eine Ambivalenz aus starken Meinungen - "Kohle ist schlecht, Atomkraft ist noch schlechter" - und der Überlegung bestehe, ob wir sie gerade nicht trotzdem brauchen.
Wirtschaftsminister Robert Habeck könne man gar ansehen, wie er "mit sich ringt und versucht, die bessere Lösung zu finden". Ferdinand von Schirach befand: "Das ist ein vollkommen neuer Typus von Politikern." Diese seien "sehr viel menschlicher und zukunftsgerichteter als das, was davor war", betonte von Schirach.
Olaf Scholz versus Robert Habeck: Wer spricht Klartext?
Hofreiter: Ziele haben sich nicht geändert
Anton Hofreiter bestand nun darauf, in einer Sache "ziemlich grundlegend" zu widersprechen. In seinen Augen hätten sich die "zugrundeliegenden Ziele nicht prinzipiell verändert": "
Aber das Ziel ist weiterhin, "dass wir so schnell wie möglich den CO2-Ausstoß runterbringen müssen". Konkret: "Aufgrund des Angriffskrieges müssen wir jetzt zwischenzeitlich Kohlekraftwerke ans Netz bringen, aber dafür den Ausbau der erneuerbaren Energien nochmal schneller machen."
- Bleiben Sie auf Stand mit dem ZDFheute Update
Das Aktuellste zum Krieg in der Ukraine und weitere Nachrichten kompakt zusammengefasst als Newsletter - morgens und abends.
Von Schirach: Grundwerte sind Voraussetzung
Demnach sei "nicht alles völlig anpassungsfähig", weil "Grundzusammenhänge wie das Problem der Klimakrise" bleiben würden, sagte der Grünen-Politiker. Ein anderes Beispiel der "Realitätsanpassung" seien die Waffenlieferungen an die Ukraine, so Hofreiter. Er sagte:
"Aber ich würde meine Werte viel grundlegender verletzt sehen, wenn wir jetzt die Ukraine nicht unterstützen würden." Ferdinand von Schirach merkte an: "Wenn Sie das nicht sagen würden und wenn Sie diese Grundwerte nicht hätten, wären Sie ein Hampelmann und kein Politiker." Diese Grundwerte seien die Voraussetzung für eine Meinung und somit eben gerade "kein Widerspruch".
Hofreiter: Sind die ganze Zeit in problematischer Situation
Markus Lanz fragte Anton Hofreiter nach seiner Meinung über das kürzlich mit Kanada geschlossene Energie-Abkommen, das Lieferungen des klimaschädlichen Fracking-Gases beinhaltet. Hofreiter räumte zwar ein, dass das "hoch problematisch" sei. Doch: "In einer problematischen Situation sind wir im Moment die ganze Zeit."
Daher rüste man Kraftwerke und Anlagen um, um sie mit leichtem Heizöl zu betreiben. Dieses Vorgehen bezeichnete Hofreiter als "nicht gerade ökologisch". Weswegen man es ausgleichen müsse – "durch zum Beispiel solche Projekte wie Wasserstoff, durch einen verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien, durch einen verstärkten Ausbau im Bereich Bahn, durch einen verstärkten Umstieg auf E-Mobilität im Verkehrsbereich".
- Aktuelles zum Krieg in der Ukraine
Russlands Angriff auf die Ukraine dauert an. Es gibt Sanktionen gegen Moskau, Waffen für Kiew. Aktuelle News und Hintergründe zum Krieg im Blog.