Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin erklärt bei "Markus Lanz", dass die Grünen nicht "durchgehend pazifistisch" seien - und spricht über die Zerrissenheit seiner Partei.
Noch vor einem Jahr hat sich Trittin klar gegen Waffen ausgesprochen. Warum der Ukraine-Krieg seine Meinung geändert hat, erzählt er bei Lanz.
"Jetzt hat [Putin] umgeschaltet auf Krieg. […] Offensichtlich funktioniert ihm gegenüber nur eine Form von militärischer Abschreckung." Worte, mit denen Jürgen Trittin am Donnerstagabend bei Markus Lanz den Moment beschrieb, der ihn dazu bewog, sich letztlich doch für Waffenlieferungen an die Ukraine auszusprechen. Noch ein Jahr zuvor hatte er sich klar dagegen positioniert.
Doch als der russische Präsident die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk am 21. Februar - drei Tage vor Russlands Überfall auf die Ukraine - als unabhängig anerkannt hatte, sei Trittin klar geworden, dass die "Politik der politischen und ökonomischen Abschreckung" gescheitert sei. Trittin dazu:
Zwei Lager der Grünen
Dass die Ukraine nicht überrannt werden dürfe und Deutschland gleichzeitig nicht Kriegspartei werde, seien die dabei geltenden Prinzipien, aus denen sich ein "schwieriger Balanceakt" ergebe.
Ein Balanceakt, den auch die Grünen bewältigen müssen. Trittin erlebe in seiner Partei zwei Lager: "Ich habe bei den älteren Grünen eine Neigung: 'Wir sollen es mal nicht übertreiben mit der Unterstützung der Ukraine, das ist gefährlich'. Und bei den jüngeren eher die Haltung: 'Ihr müsst mehr tun'.“
Historisch falsche Beschreibung der Grünen
Zudem werden die Grünen dafür kritisiert, nicht mehr ihren pazifistischen Grundwerten gerecht zu werden, nachdem sie im Bundestag für die Waffenlieferungen an die Ukraine gestimmt hatten. Eine Kritik, für die Trittin kein Verständnis zeigt:
Das stimme historisch nicht. Als Beispiel nannte Trittin die Demonstration der Friedensbewegung unter Beteiligung der Grünen am Bonner Hofgarten 1981. Dort hätten die Grünen sowohl gegen die Aufrüstung der Nato und den Warschauer Pakt demonstriert, als auch Unterstützung für die Befreiungsbewegung Südafrikas gesammelt, die "nicht pazifistisch" gewesen sei, betont Trittin.
Grüne: Selbst wir haben Putin unterschätzt
Gegen die Kritik an seiner Partei verteidigte sich Trittin auch damit, dass sie immer wieder vor Wladimir Putin gewarnt hatte:
Diese Stabilität hätten "nicht nur Sozialdemokraten, auch Christdemokraten, nicht nur Deutsche, auch die Amerikaner" in ihm gesehen. Und doch räumt Trittin mit Blick auf seine Partei ein: "Selbst wir haben [Putin] unterschätzt in der Bereitschaft, diesen Krieg zu machen."
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