Die Lobbyorganisation INSM wird für ihre Anzeigen gegen das Grünen-Wahlprogramm heftig kritisiert. Das Konzept sei antisemitisch. Auch Arbeitgeberverbände distanzieren sich.
Annalena Baerbock im Moses-Gewand mit zwei Steintafeln in der Hand. Darauf die zehn Gebote und der Slogan "Warum wir keine Staatsreligion brauchen" oder "Warum uns grüne Verbote nicht ins Gelobte Land führen". Diese Anzeigen waren am Freitag in gedruckten Ausgaben und auf Websites deutscher Tageszeitungen zu sehen und ernten heftige Kritik.
Hinter der Kampagne steckt die Lobbyorganisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Finanziert wird sie nach eigenen Angaben durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie.
Anti-Baerbock-Kampagne schüre antisemitische Vorurteile
In den sozialen Netzwerken wird die Kampagne als "Schmutzkampagne" kritisiert. Der Religionswissenschaftler und Beauftragte des Landes Baden-Württemberg gegen Antisemitismus, Michael Blume, warnte mit Blick auf die Darstellung davor, im Wahlkampf antisemitische Verschwörungsmythen zu bedienen.
"Über die Gleichsetzung einer Kanzlerkandidatin mit einer orientalischen Moses-Gestalt, die angeblich bedrückende Verbote und eine Staatsreligion erlassen wolle, kann ich da überhaupt nicht lachen“, sagte Blume am Freitag.
Auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, warf der Initiative das Schüren von Vorurteilen vor.
Initiative rechtfertigt sich
Die Initiative wies die Vorwürfe zurück. Ein Sprecher verwies auf eine Einschätzung des deutsch-israelischen Schriftstellers Rafael Seligmann. Ob die Anzeige klug, passend oder politisch korrekt sei, wolle er nicht beurteilen, sagte Seligmann laut Mitteilung der Initiative. "Ich will allerdings festhalten: 'antisemitisch' ist das Inserat keineswegs."
Auf ihrer Website schreibt die Initiative, sie verstehe sich "als eine branchen- und parteiübergreifende Plattform und ist offen für alle, die sich der Sozialen Marktwirtschaft verbunden fühlen".
Ob die Initiative weitere ähnliche Anzeigenkampagnen im aktuellen Wahlkampf plant, wollte ein INSM-Sprecher am Samstag gegenüber ZDFheute nicht kommentieren. Auch zu den Kampagnenkosten mache man grundsätzlich keine Angaben. Den Vorwurf, man betreibe Negative Campaigning wies der Sprecher ebenfalls zurück, da man "an keiner Stelle auf mögliche persönliche oder geschäftliche Verfehlungen" eingehe.
Arbeitgeberverbände distanzieren sich
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) distanzierte sich am Freitag umgehend: "Persönliche Herabsetzungen und eine misslingende Verwendung christlicher Symbolik sind kein angemessener Umgang im notwendigen Wettstreit um politische Inhalte."
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Dies sei nicht der Stil der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. "Sozialpartnerschaft ist vom gegenseitigen Respekt getragen", teilte der Verband mit.
Zeitgleicher Start zum Bundesparteitag
An diesem Wochenende findet auch der Grünen Parteitag statt. Am Samstag soll Annalena Baerbock offiziell zur Kanzlerkandidatin gewählt werden. Ein wichtiger Stimmungstest für die Partei - auch mit Blick auf Wahlkampfthemen.