Wohnen, mieten oder kaufen - oft unbezahlbar. Dabei gibt es Grundstücke in bester Lage. Doch anstatt sie zu bebauen, verdienen Unternehmen Millionen.
Leipzig boomt: Immer mehr Menschen zieht es in die Stadt. Umso verwunderlicher: In Bestlage, keine fünf Minuten vom Hauptbahnhof entfernt, liegt ein riesiges Gelände brach. Eigentlich sollte hier ein neues Viertel entstehen - mit Platz für 3.000 Menschen. Doch seit Jahren geschieht hier viel zu wenig, klagen die Anwohner: "Die räumen nur Erdreich.""Hier tut sich halt nichts!"
Seit die Deutsche Bahn das Gelände 2005 verkauft hatte, hat es mehrfach den Besitzer gewechselt - und die Brache enorm an Wert gewonnen. Die ZDF-Reporter Marcel Siepmann und Jonas Seufert finden in der Doku heraus:
- Beim ersten Verkauf kostete der Quadratmeter Boden noch 10 Euro.
- 2021 ist der Quadratmeter über 600 Euro wert.
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Ökonom: Bodenbesitzer werden im Schlaf reicher
Der Ökonom Dirk Löhr forscht seit Jahren zu Geschäften mit dem Boden. Ihn wundern solche Preissprünge nicht. "Der Boden ist eine riesige Umverteilungsmaschine", sagt er. Weil die Bodenpreise in Deutschland immer weiter steigen, gebe es Leute, die jeden morgen reicher aufwachten - ohne etwas zu leisten.
Lucky Deal in Leipzig
Christoph Gröner, einer der umtriebigsten Bauunternehmer Deutschlands, hat an der Leipziger Brache nach eigener Aussage rund 60 Millionen Euro verdient. Ein Lucky Deal, sagt er - auch weil er das Grundstück günstig erworben hatte. Gröner weist den Vorwurf der Spekulation von sich:
Er hätte gerne auf der Brache gebaut, aber kein Baurecht erhalten und quasi "aus Versehen ein gutes Geschäft gemacht". Er habe die Brache weiterentwickelt und zum Bespiel Absprachen mit der Stadt getroffen.
Immobilien-Experte: Die Städte sind mitschuld
Bemerkenswert: Gröner selbst wettert gegen Spekulation mit Grund und Boden: "Wir sind in Deutschland in der Situation, dass wir nicht mehr in jeder Stadt zu vernünftigen Preisen bauen können." In Leipzig seien die Grundstückspreise inzwischen "so abgekoppelt von dem, was die Kaufkraft in der Stadt kann", dass kaum mehr investiert werde.
Ein Trend, den auch Immobilien-Analyst André Adami sieht – in vielen deutschen Großstädten:
Adami sieht eine Mitschuld bei den Städten: "Da gab es in den letzten zehn 15 Jahren Prozesse, wo die Stadtentwicklung geschlafen hat." Städte hätten selbst Grundstücke entwickeln müssen und das Geschäft nicht "privaten Projektentwicklern überlassen dürfen".
- Bauboom mit Nebenwirkungen
Deutschlands Großstädte brauchen neue Stadtteile für Tausende Menschen. So wird jedes freie Fleckchen verplant. Mancherorts geht das sogar zu Lasten der Landwirtschaft.
Deutscher Städtetag: "So ganz klug war das nicht"
Haben die Kommunen also geschlafen? Tatsächlich hätten die Städte in den letzten 20 Jahren Grundstücke verkauft, räumt auch Helmut Dedy vom Deutschen Städtetag ein. "Rückblickend betrachtetet würde ich sagen: So ganz klug war das nicht."
Für "Das Milliardengeschäft mit dem Boden" fragen die Filmautoren Marcel Siepmann und Jonas Seufert die 80 größten deutschen Städten an und wollen wissen: Wie viel Boden besitzen sie heute tatsächlich noch? Im Schnitt sind es nur 9,2 Prozent – und die Unterschiede gewaltig:
- Salzgitter gehören nur 0,7 Prozent der Wohnfläche.
- In Duisburg sind es dagegen rund 21 Prozent.
Was könnte helfen gegen die Explosion der Bodenpreise? Experten fordern unter anderem ein wirksames Vorkaufsrecht für Kommunen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) scheint das Problem erkannt zu haben:
Jährlich will sie 400.000 Wohnungen bauen - und das Vorkaufsrecht für besonders angespannte Quartiere stärken. Doch das ist selbst in der Koalition noch umstritten.
Sehen Sie hier die ganze Doku: Das Milliardengeschäft mit dem Boden:
Es ist eines der drängendsten Themen: bezahlbarer Wohnraum. Viele Menschen wollen sich vergrößern, kaufen oder bauen – doch das ist oft unbezahlbar, vor allem in den Städten.