Wirtschaftsminister Habeck hält es für möglich, dass Russland gar kein Gas mehr liefern könnte. Es sei zentral, jetzt Energie zu sparen. Finanzielle Anreize dafür lehnt er aber ab.
Es sei schwer, so der Bundeswirtschaftsminister, Kohlekraftwerke wieder mehr nutzen zu müssen. Gas müsse weiter gespart werden. Eine Prämie dafür lehnt Habeck ab. Hohe Preise seien Anreiz genug, den "inneren Schweinehund" zu überwinden, so Habeck.
Eine schmerzhafte Entscheidung sei es, die er zu treffen habe, gibt Robert Habeck gleich zu Beginn in seinem Interview mit ZDF-Moderatorin Marietta Slomka im heute journal zu. Ein Grüner und Klimaschutzminister, der jetzt wieder Kohlekraftwerke aus der Reserve holen muss, um die Energieversorgung sicherzustellen. Doch es hilft nichts: "Weil wir eben einfach in einer Gasnotlage sind."
Habeck: Putin will Unruhe schüren
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien sei nach wie vor der Schlüssel, Deutschland vom Gas unabhängig zu machen, so Habeck weiter. Doch noch reichten diese nicht aus, um das Land zu versorgen. Aber was, wenn Wladimir Putin den Gashahn komplett zudreht?
Putins Plan sei es, Druck auf den Markt auszuüben, damit sich die Preise in Europa verteuerten. Es gehe hauptsächlich darum, gesellschaftliche Unruhe zu schüren und die Geschlossenheit aufzubrechen, so Habeck. Er wolle sicherstellen, dass Putin "nicht gewinne", so der Wirtschaftsminister im ZDF heute Journal. Man treffe auch Maßnahmen zur Geschlossenheit der Gesellschaft.
Wirtschaftsminister Habeck hat die zweite Stufe des Gas-Notfallplans ausgerufen. Auch wenn jetzt noch ausreichend Gas da sei, müsse jetzt vorgesorgt werden, damit der Notfall nicht eintrete.
Russland hat seine Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 zuletzt um rund 60 Prozent verringert. Am heutigen Donnerstag rief die Bundesregierung die Alarmstufe des Notfallplans Gas aus. Ziel der Bundesregierung ist es, die deutschen Gasspeicher bis November zu 90 Prozent zu füllen. Aktuell liegen die Füllstände bei rund 58,6 Prozent.
Habeck: Spagat zwischen Versorgern und Verbrauchern
Wichtig sei es nun, den Spagat zu schaffen, zwischen den Energieversorgern, die momentan das Gas auf dem Weltmarkt zu stark gestiegenen Preisen einkaufen müssten, und den Verbrauchern. Es müsse sichergestellt werden, dass die Wirtschaft durch die hohen Gaspreise nicht "umkippe". Auf der anderen Seite müsse man aufpassen, kein "großes soziales Problem" in Deutschland zu bekommen.
Mit Blick auf eine Art "Energiesparprämie" für das Einsparen von Gas in Privathaushalten zeigte sich Habeck ablehnend. "Ich weiß nicht, ob man immer alles belohnen muss." Die steigenden Preise sollten Anreiz genug sein, nach Sparpotential zu suchen.
Prämie fürs Energiesparen? "Kriegst du nicht, Alter"
Vielmehr gehe es darum, den "inneren Schweinehund oder den eigenen blinden Fleck" zu überwinden. Also zu schauen, wo jeder selbst Gas einsparen könne - auch wenn solche kleinen Maßnahmen auf den ersten Blick lächerlich wirkten. Doch bei 40 Millionen Haushalten käme in Summe einiges an Sparpotential zusammen, so der Bundeswirtschaftsminister.
Es sei also auch eine Frage der Solidarität. "Wenn jemand sagt, 'Ich helfe nur, wenn ich nochmal 50 Euro kriege' - dann würde ich sagen: 'Die kriegst du nicht, Alter'."
- Wie es um unsere Gasversorgung steht
Wie viel Gas verbrauchen Haushalte und Industrie? Wie voll sind die Gasspeicher? Wie viel Gas bekommt Deutschland? Grafiken zur Gasversorgung in Deutschland.