Halles Oberbürgermeister hat sich vorzeitig impfen lassen. Über das Vorgehen seien nicht alle informiert gewesen, kritisieren Mitglieder des Stadtrats. Und fordern den Rücktritt.
Die Rufe nach Konsequenzen gegen Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) nehmen zu. In einer Sondersitzung des Stadtrates am Freitagabend äußerten einige Mitglieder ihr Unverständnis und ihren Ärger über das Gebaren Wiegands im Zusammenhang mit seiner vorzeitigen Impfung. Immer wieder wurden Rücktrittsforderungen laut.
Wiegand hatte vor etwa einer Woche eingeräumt, dass er und zehn Stadträte bereits eine Impfung bekommen hatten. Demnach wurden übrig gebliebene Impfdosen in Halle wochenlang per Zufallsgenerator zugeteilt. Neben Fachärztinnen und Fachärzten und Mitarbeitenden von Rettungsdiensten, die zur ersten Prioritätsgruppe der festgelegten Impfreihenfolge gehören, wurden dabei aber auch Stadträte und Angehörige des Katastrophenschutzes berücksichtigt.
- Zahlreiche Verstöße gegen Impfreihenfolge
Zahlreiche Menschen in Deutschland sollen gegen Corona geimpft worden sein, obwohl sie noch gar nicht an der Reihe waren. Übrig gebliebene Impfdosen waren die häufigste Begründung.
Nicht alle Politiker über Impfreste informiert
Anders als von Wiegand behauptet, seien nicht alle Mitglieder des Stadtrates über das Verfahren mit Impfresten informiert worden, hieß es nun in der Sitzung vom Freitagabend. Das gaben mehrere Politikerinnen und Politiker aus den Reihen von CDU, AfD, SPD, FDP und Grünen an.
Yana Mark (FDP) bat den OB entsprechende Mails vorzulegen. Obwohl sie das Einverständnis ihrer zwei Parteikollegen auf Offenlegung mehrfach wiederholte, lehnte Wiegand dies mit Verweis auf eventuelle Konflikte mit dem Persönlichkeitsrecht ab. "Wer hat mich - verdammt nochmal - auf die Liste gesetzt?", fragte Tom Wolter (MitBürger & Die Partei) in Richtung des Bürgermeisters. Er habe keine Kenntnis von einem Adhoc-Verfahren oder einem "Zufallsgenerator" gehabt.
Gesundheitsminister Spahn will Sanktionen prüfen
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will Sanktionen gegen Menschen prüfen, die sich bei Impfungen gegen das neue Coronavirus unrechtmäßig vordrängeln. Es gehe darum, ob Sanktionen Sinn machen könnten, sagte Spahn. Das sei im Bundestag im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen. Das Infektionsschutzgesetz kenne bereits Sanktionen, etwa Bußgelder.
Eine Recherche der Deutschen Presse-Agentur hat ergeben, dass in mindestens neun Bundesländern bereits Menschen gegen das Coronavirus geimpft wurden, die noch nicht an der Reihe waren. Dabei kamen etwa Kommunalpolitiker, Geistliche sowie Feuerwehrleute und Polizisten zum Zuge, obwohl sie nicht der ersten Prioritätsgruppe angehören. In den meisten Fällen hatten die Verantwortlichen das mit übrig gebliebenen Impfdosen begründet, die sonst hätten weggeschmissen werden müssen.
- Das passiert mit übrig gebliebenem Impfstoff
Corona-Impfstoffe sind ein wertvolles, aber instabiles Gut. Impfteams, Zentren und Behörden versuchen, Verschwendung zu vermeiden. Was übrig bleibt, impfen sie sich gegenseitig.